Hallo,
ich habe jetzt weitergelesen, und muss leider eingestehen, dass mich die Geschichte selbst nicht wirklich interessiert. Das liegt nicht an deiner Art zu schreiben, sondern weil das einfach nicht meine Welt ist. Also werde ich weniger über den Inhalt, sondern Form und Stil schreiben.
Rechtschreibfehler. Ich habe einfach nur Word drüberlaufen lassen, und der hat schon einiges gefunden.
flore => floor
Ranchouse => Ranchhouse
Misses => Missis
Patrole => Patrol
Todschlag => Totschlag
Grammatik.
Daddy hat gekocht.“, => kein Punkt vor dem Gänsefüßchen, wenn danach ein Komma folgt
Wenn du darlegst, das hier => dass
ist einschlafen am Steuer => Einschlafen groß
ein besserer Mensch als Er. => ich nehme nicht an, dass du hier Gott meinst, also er klein
die Öffentliche Meinung => Kein Eigenname also öffentliche klein
dass du Feige bist => die Frucht? feige klein
Standartantwort => eine Standartenantwort? oder meinst du Standard
etwas ganz besonderes => Besonderes groß
Der 65 Ford Mustang => 65er
eine Wenig befahrene Landstraße => wenig klein
Stil.
Du hast eine sehr bildhafte Sprache, ich kann mir die Schauplätze gut vorstellen. Ein wenig zu ausgeschmückt (mit Adverbien und Adjektiven) vielleicht, aber besser so als anders herum. Ich tendiere in der Beziehung eher dazu, zu knapp zu schreiben.
Allerdings solltest du dich öfters fragen, *warum* du eine bestimmte Sache beschreibst. Die schon oben angesprochenen Weiden, den Sommer usw. Was würde passieren, wenn Lee in dieser Szene nur einen letzten Blick auf seinen Computer wirft, und dann direkt antwortet? Dass diese Szene in einer bestimmten Jahreszeit, und zu einer bestimmten Uhrzeit spielt, ist eigentlich nicht relevant. Auch, dass er "zu viel gespielt" hat. Eine gut begonnene Szene wird hier unnötig in die Länge gezogen.
Was du auch drauf hast, ist, sich widersprechende Sätze zu schreiben, die den Leser fragend zurücklassen. "Sein Vater musste sehr früh frei gehabt haben, aber das kam oft vor." Wenn es doch oft vorkommt, warum es dann erwähnen? "Der Richter schüttelte den Kopf, aber es war keine verneinende Geste." Sondern was?
"Willkommen in Wyoming. Lees Mutter verteilte" Das gehört definitiv nicht in denselben Abschnitt.
Der Dialog über den Curlington-Fall ist sehr informativ, aber zu detailliert. Ich nehme an, dass der später noch eine Bedeutung bekommt (das sollte er, ansonsten müssen diese Leute dringend über etwas anderes reden), aber bis dahin (mindestens 5 Kapitel später) hat der Leser alle Details vergessen. Auch sind mir die drei Personen noch nicht vertraut genug, als dass ich jetzt ihre jeweiligen Probleme nachvollziehen könnte. Also lieber hier kürzen und später - wenn relevant - bringen. Dort kannst du ja zum Beispiel Lee sich an dieses Gespräch erinnern lassen.
*
"Energische Ausrufe waren sie von ihrem Sohn nicht gewohnt."
Hier landen wir dann beim Thema Perspektive und "Show, don't tell".
Zum einen warst du bisher recht tief im Kopf von Lee, hast sogar Gedanken wörtlich gebracht. Mit diesem Satz brichst du jetzt die Perspektive und nimmst die eines allwissenden Erzählers ein, der dem Leser eine Handlung der Figuren erklärt. Sollte das nicht gewollt sein, und ich denke nicht, dann gibt es einige Möglichkeiten, diesen Ausrutscher zu umgehen, zum Beispiel:
1. Direkte Rede. "Lee", sagte der Richter strafend/überrascht. "Nicht so heftig!"
2. Weglassen. Ist der Satz wichtig?
3. Reaktion zeigen. Mums Augen weiteten sich und der Richter holte tief Luft.
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"....", erklärte Lee seinen Standpunkt.
Zum einen ist das auch wieder eine Erklärung, falls der Leser das nicht mitbekommen hat. Zum zweiten steht dieser "dialog tag" (ich weiß nicht wie das im Deutschen heißt) viel, viel zu spät. Wenn der Leser nach 70 Worten noch nicht weiß, wer gerade spricht, brauchst du es auch nicht mehr zu sagen. Entweder vor der direkten Rede oder spätestens, wo der Redende zum erstem Mal Luft holen muss. In dem Fall hier würde ich sogar zu einem "action beat" greifen und vor der direkten Rede Lees direkte Reaktion auf das Verhalten seiner Eltern zeigen. "Lee hob entschuldigend die Hände." Auch das ", Dad," steht schon ziemlich spät.
Das Gleiche direkt im nächsten Abschnitt.
*
"Doch Lee machte nur eine wegwerfende Handbewegung. Er hatte gerade nicht die geringste Lust, über seine Zukunft zu reden. Also gab er nur seine Standardantwort:" Auch hier ist der dritte Satz überflüssig. Eigentlich schon der zweite, da er auch wieder die Handlung im ersten erklärt.
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"Sein Vater wusste, dass er ihm nur auswich, aber er hatte nach diesem anstrengenden Tag nicht die geringste Lust, mit seinem Sohn zu diskutieren." Der zweite Perspektivbruch. Komplett allwissender Erzähler. Bleib bei Lee. "Sein Vater sah aus, als ob er noch etwas sagen wollte, doch dann seufzte er müde auf und wandte sich wieder dem Essen zu. Lee fühlte sich fast schuldig. Der Arbeitstag des Richters war
sicher anstrengend gewesen, und jetzt hatte er
bestimmt nicht die geringste Lust, mit seinem Sohn zu diskutieren." Die markierten Wörtchen bringen die Perspektive wieder zurück.
*
„Ich geh noch eine Runde
raus.“, als ob das nicht offensichtlich war.
Aber er musste
raus,
Auch ein Indiz für "Tell" ist es, ein Wort oder einen Satzteil zu wiederholen.
Das "Aber er musste raus" kommt für mich überraschend. Sein Vater hat ihn zuletzt gelobt (wie realistisch das auch immer sein mag) und die wenigen Worte über das College schienen mir nicht so gewichtig um ihn aus dem Haus zu treiben.
rief halb im
Gehen: „Ich
geh noch eine Runde raus.“, ... Nur mit
Gehen hatte seine Beschäftigung nicht viel zu tun, wenn man von dem
Gang zu Garage absah.
*
Als er schließlich 15 war, => a) Keine Zahlen im Text b) warum so exakt? Was spricht gegen "alt genug"
*
"Allerdings war das Fahrzeug damals in einem
katastrophalen Zustand gewesen. Es konnte fahren, allerdings sah es fürchterlich aus. Zwei Wochen verbrachte Lee damals nur damit, es zu säubern. Das Ergebnis war ernüchternd.
Der Vorbesitzer hatte das Fahrzeug viel genutzt, daher waren stets die nötigen Reparaturen durchgeführt worden, so dass die Technik in einem
brauchbaren Zustand war. Der Rest sah allerdings aus, als hätte man ihn zur Feldarbeit missbraucht. usw. usw."
Hier schaffst du es, Wiederholung und Widerspruch zu vereinen. Was denn jetzt?
Und eine Plattitüde wie "Das Ergebnis war ernüchternd." solltest du auf jeden Fall vermeiden. Ein so nichtssagender Satz ist Telling in Reinkultur.
Im Prinzip beschreibst in der ganzen Szene wie das Auto ausgesehen hat, aber nicht mehr aussieht. Was ist es, dass du dem Leser damit sagen willst? Dass Lee das Auto liebt? Kommt nicht direkt raus.
Wenn dieser Hintergrund wichtig ist, dann verbinde ihn mit Lees Handlung. Lass ihn einmal um das Auto herumgehen, das Öl prüfen, die Motorhaube streicheln, einen Fleck wegpolieren, irgendetwas, das die Vergangenheit mit der Gegenwart der Geschichte verbindet.
"das melodische Brüllen des alten Reihen-Sechszylinders an." Ein sehr schönes Bild. Ein kurzer Blick in die Wikipedia sagt mir allerdings, dass die es 65er Mustangs zwar auch mit I6-Motor gab, die aber mit 122 PS wohl etwas schwach auf de Brust waren. Der
4,7l-Windsor V8 mit über 200PS dürfte eher "Brüllen" :-)
"Die vielen Straßen zwischen den unzähligen Kleinstraßen" Ich habe nicht die geringste Ahnung, was du hier meinst... Übrigens gibt es im Westen von Amerika viel weniger Städte und Straßen als bei uns.
"Allerdings sollte man" => Das Wort "man" ist schon ein Indikator, dass hier wieder der Erzähler referiert, statt dass die Figur handelt.
"Aber über all diese Dinge machte sich Lee an jenem Tag sowieso keine Gedanken." => sagt der Allwissende dem Leser ...
"Audis gehören zu den selteneren Gefährten auf Amerikas Straßen," => Niemals das Präsens benutzen, wenn die Geschichte im Präteritum erzählt wird. Und der ganze Abschnitt ist wieder Information für den Leser, die der nicht will und nicht braucht.
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So, ich hoffe das kam nicht zu hart rüber. Ich will auf jeden Fall nicht den Eindruck erwecken, dass ich die Geschichte schlecht finde. Die meisten Fehler sind typisch für die erste Million Worte die angeblich jeder angehende Schriftsteller für sich schreibt, bevor er die nächste Million für seine Leser schreiben kann.
Du könntest allerdings dieses erste Kapitel locker um die Hälfte kürzen, ohne Relevantes zu verlieren. Mach dir vor allem Gedanken darüber, wie sehr die Szene am Abendbrottisch geeignet ist, den Leser in die Geschichte hineinzuziehen.
Versuch doch einmal damit anzufangen, dass Lee wutentbrannt in sein Auto springt und Gas gibt. Während er über die abendliche Landstraße braust, kannst du sowohl die Gegend einführen als auch einen Grund, warum er wütend ist...
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Tschüss
Rainer