Peter hatte an diesem Abend schon eine Reihe Schocks überstanden. Dieser war der schlimmste.
"Was? Was sagst du da?"
Sandra zuckte zusammen. Dann richtete sie sich auf. "Können wir die Erklärungen auf später verschieben? Wir müssen — hm — das da entsorgen." Sie wies auf Thorstens Leiche.
Peter blickte hinunter auf die Überreste des Mannes, den er an diesem Nachmittag noch für einen Freund gehalten hatte. "Wir können ihn nicht hierlassen." Wer zum Henker sind "wir" im Augenblick? "Er hat für — äh — 'die da' gearbeitet."
"Die Forces." Sandra nickte. "Ich weiß. Sie arbeiten für mich — sozusagen."
Boing! Und noch ein Schock!
Peter blickte auf. "Und warum … Nein, vergiss es." Er versuchte, sich zu konzentrieren. Draußen in Kanada hatte das so gut geklappt. Toter Körper. Entsorgen. Keine Spuren hinterlassen. Wie immer beim Nachdenken ließ er seinen Blick zum Fenster hinaus schweifen. Museum, Aquarium, Haifischbecken. Eine Menge hungriger Haie. Ja, das wäre ausgleichende Gerechtigkeit.
Peter wandte sich wieder Sandra zu. "Ich gehe und hole einen von den elektrischen Trolleys, die die Zoowärter benutzen. Zieh ihm alles aus, bis ich wieder da bin." Bevor er ging, hob er noch Thorstens "Pistole" auf, die noch am Boden lag.
Er untersuchte sie, während er den Raum verließ. Es gab einen kleinen Hebel, wo Thorsten seinen Finger gehabt hatte, wahrscheinlich eine Art von Auslösetaste. Das Ding hatte keinen Ein-/Ausschalter und kein Anzeichen einer Stromversorgung. Peter fand einen kleinen Nippel mit der Beschriftung "Sicher" und "Feuer". Er schob ihn auf "Sicher", steckte die Pistole hinten in seinen Gürtel und bedeckte sie mit seiner Jacke.
Die Aquariumsgebäude waren leer, und Peters Karte ließ ihn in den Lagerraum, wo die Trolleys parkten. Er fand die grünen Uniformen der Zoowärter und zog eine davon an. Aus einer Schublade nahm er noch ein elektrisches Messer mit.
Das würde eine blutige Sache werden, aber im Augenblick fühlte er kein Bedauern für den Mann, der vorgegeben hatte, sein Freund zu sein.
*
Später landete Peter im Kofferraum von Sandras Auto, ein großzügiger Kofferraum in einem recht großen Auto.Hier hatte er endlich Muße, die neuen Entwicklungen Revue passieren zu lassen. Angenommen, Sandra sagte die Wahrheit, …
Stephen hatte sich geirrt. Es gab menschliche Überlebende. Und da Sandra keine Schutzkleidung trug, musste sie wohl immun sein gegen … was auch immer die Mutation in einen Wandler verursachte.
"Mist!", murmelte er. Wenn er ihre DNS gegen seine eigene vergleichen könnte, würde er mehr herausfinden können. Aber selbst wenn er in das Institut zurückgehen könnte, der DNS-Analysator war weg.
Sandra hatte ihm angeboten, vorerst in ihrem Haus zu bleiben. Sie lebte alleine, und das Haus war groß genug für zwei.
Wenn er nach dem Ausdruck auf ihrem Gesicht ging — sehr ähnlich zu dem Angelinas, als sie ihn auf seinem Zimmer in New Hope besucht hatte — würde sie auch eine Ein-Zimmer-Wohnung als groß genug für sie beide halten.
Nicht, dass er etwas dagegen hatte, bei ihr im Bett zu schlafen. Seit seiner Rückkehr, hatte es zwischen ihnen beiden die ganze Zeit geknistert. Auf der anderen Seite war sie sein Chef — gewesen — und er hatte sich immer noch nicht getraut, sie um ein Date zu bitten.
Falls sie schon vor seinem Abenteuer in Kanada das gleiche für ihn gefühlt hatte wie jetzt, dann hatte sie es gut geheim gehalten. Das war sehr wahrscheinlich, weil er ja ihrer Meinung nach eine "Werwolf-Bestie" war.
Er fühlte das Auto landen und dann in eine Garage rollen.
Die Klappe ging auf, und er krabbelte hinaus.
Sandra blickte ihn an. Ja, genau derselbe Gesichtsausdruck wie bei Angelina.
"Danke", sagte er. "Für alles."
"Komm rein. Willst du etwas zu essen? Ich zumindest brauche einen großen Whisky."
Sein Magen grummelte; er hatte seit Mittag nichts mehr gehabt. "Essen wäre großartig; und ich habe auch nichts gegen einen Whisky."
Sie wandte sich um und lief in Richtung Küche. "Pizza? Ich habe Anchovis, Garnelen oder Muscheln."
Er lachte. "Ich hätte dich nicht für einen Meeresfrüchte-Junkie gehalten. Verdienst du so gut in deinem Job?"
Sie hielt an, drehte sich um und zuckte ihre Schultern. "Ich lebe nicht nur von meinem Gehalt. Der Whisky ist auf dem Regal im Wohnzimmer. Mach mir einen doppelten ohne Eis oder Wasser."
*
Bis er mit zwei Gläsern in der Küche ankam, hatte sie nicht nur die Pizza fertiggemacht, sondern sich auch umgezogen. Sie trug ein kurzes, rotes Etwas, das überhaupt nicht mit ihren üblichen Hosenanzügen bei der Arbeit zu vergleichen war.Warum waren die Frauen plötzlich so darauf aus, ihm nackte Haut zu zeigen?
"Ich denke", sagte er, als sie am Tisch saßen. "Du hast eine ganze Menge zu erzählen. Warum fängst du nicht einfach ganz von vorne an?"
"Hm", meinte Sandra. "Ganz von vorne …"