Kapitel 10: Alles endet im Feuer
Weiterhin betrachtete ich mit großen Augen die Tafel. Ich konnte selbst nicht fassen, wie dies funktionieren sollte. Wie sollte man einen so riesigen Klotz in die Luft jagen? Ich habe mir die wildesten, unmöglichsten und naivsten Methoden vorgestellt, während Remnant und sein Gefolge stumm hinter mir standen. Sollen wir eine Bombe im inneren des Kraftwerks hochgehen lassen? Sollten wir den gesamten Komplex mit Raketen beschießen? Oder sollten wir mit einer wütenden Meute das ganze Kraftwerk persönlich einstampfen? Aus den Plänen konnte ich nur herauslesen, dass es einen Knall geben wird. Und zwar einen großen.
Die allergrößte Frage, die sich mir jedoch stellte: Wie sollten wir ein Kraftwerk in die Luft jagen, ohne ganz Moskau mit Radioaktiver Strahlung zu verpesten?
„Das ist einfach…“ setzte er mit der gewohnt tiefen Stimme ein. „Laut den Akten, die ich Knay entnehmen konnte, ist das Hochfahren des Reaktors am Ende des Jahres geplant. Und da ich vor einigen Monaten Uranvorräte zusammen mit Knays Handlanger Knev Voczec entführt habe, musste sich der Start des Kraftwerks verschieben. Das heißt, wenn wir uns an den Plan halten, können ich und meine Männer eine Bombe ins Kraftwerk schmuggeln, und sie von dort detonieren lassen, ohne das Moskau anfängt, zu strahlen.“
Ich blickte nach seiner Erklärung erneut auf die Wand. Er schien Recht zu haben. Ich schien meinem Ziel so nah, dem Ende von Knay und seinen Plänen… Ich war sogar so erfreut über diese Nachricht, dass ich die Gefahr dieser Aktion einfach ausblendete.
Nach diesen Gedankengängen sagte ich Remnant, dass ich mit seinen Plänen einverstanden sei. Anschließend erfreuten sich seine Männer, und Remnant selbst schien auch nicht unberührt von der Vorstellung, Knay zu stürzen. Wir könnten ein Zeichen setzen, dachte ich. Diesem kränklichen und instabilen Gesellschaft Hoffnung geben, wenn wir ihnen zeigen, der Regierung Einhalt zu gebieten. Nach diesem freudigen Zusammenschluss fuhren Remnant und seine Handlanger mich nachhause. Sie setzten mich direkt vor den Wohnblocks ab. Kurz bevor Remnant die Autotür schloss, fragte ich ihn, wer er wirklich sei, ohne die Maske.
Darauf antwortete er schlicht: „Du kennst mich besser als du denkst. Wir sind uns ähnlicher geworden, als ich dachte.“. Ohne weitere Worte, und ohne mich antworten zu lassen, fuhr der Wagen davon. Mit einem durchaus befriedigenden Gefühl betrat ich unsere Wohnung. Mutter wusste nicht, wann ich wieder nachhause komme, also war das Essen schon kalt, womit ich aber kein Problem hatte. Sie saß im Wohnzimmer, und häkelte. Nach meiner Begrüßung widmete sie sich wieder Fleißig ihren Fäden und Maschen. Neben ihrem Sessel, auf dem Wohnzimmertisch, sah ich einen geöffneten Briefumschlag, ich fragte, um was es sich dabei handle, und sah hinein: Es war eine Einladung zur Feier der Fertigstellung des Kraftwerks. So gut wie jeder Bürger bekam so einen Brief. Hauptsächlich die obere Klasse der Bevölkerung, aber Knay schien sich meiner Mutter gegenüber anscheinend verpflichtet, denn ohne die Hände meines Vaters wäre sein Kraftwerk bloß ein Schutthaufen. Die Nachricht über diese Feier bereitete mir einerseits Furcht, da wir uns mit unserem Plan ranhalten mussten, aber andererseits sprach Remnant mir das Gegenteil zu: „Diese öffentliche Parade bietet uns einen perfekten Schlupfwinkel. Wir könnten einen wütenden Mob heran treiben, der sich anschließend mit Knays Männern und der Polizei anlegen. Da der Platz, auf dem das Fest gefeiert wird, direkt vor dem Kraftwerk ist, können wir uns dann von dort aus mit der Bombe auf den Weg machen.“
So lautete der Plan. Die Aufgabe meinerseits war es, die Rebellenmeute auf das Fest zu hetzen. Ich war der Chef der größten kritischen Zeitung des Landes, also wo lag das Problem?
Dies bedeutete viel Arbeit, was uns aber kein Problem bereitete. Im Gegenteil, der Plan lag im Wächter wie ein frischer Wind, nie zuvor haben wir so viel Tinte verwendet und noch nie waren die Drucker so auf Hochtouren. Es handelte sich nicht nur um Zeitungsberichte, wir verteilten auch Flugblätter, ähnlich wie Remnants Männer es taten. Heimlich riefen wir Gruppen von mehreren Dutzenden von Demonstranten zusammen, und besprachen unsere Pläne ausführlich. Wir versammelten uns in Verlassenen Lagerhallen, in Hinterhöfen, sogar teilweise in der Kanalisation, wenn die Situation es verlangte.
Meist leitete ich die Reden ein, doch den Hauptteil übernahm Remnant, wegen seiner eindringlichen, lauten, und teilweise auch beängstigend klingenden Stimme. Auch wenn ich mit meinen Worten schon so einige Gedankengänge von Rebellen und Demonstranten beflügelte, so waren seine Stimme und seine Wortwahl weit überzeugender als meine. Ich weiß nicht mehr genau, wie oft wir uns trafen, und wie viele wir letzten Endes waren, doch ich hatte das Gefühl, wir könnten die gesamte Sowjetunion überrennen. In den letzen Tagen vor Knays großartiger Veranstaltung wurde es zunehmend schwerer, unentdeckt vorzugehen. Überall wurden Werbebanner, Plakate und weitere Werbeartikel für die Feierlichkeit aufgehängt. Gleichzeitig kam es mir vor, als würden viel mehr Polizeitrupps durch die Straßen marschieren. Deshalb kam es oft dazu, dass wir uns verstecken mussten, oder unsere Versammlung sich blitzartig auflösen musste, damit die Patrouillen keinen Verdacht schöpften. Als alle Treffen mit den Rebellen abgeschlossen waren, waren wir mit der Planung so gut wie fertig: Die Veranstaltung sollte auf einem großen Festplatz direkt vor dem Kraftwerk stattfinden. Seitlich ist der Platz umgeben von noch leer stehenden Büroblocks. Zwischen den Gebäuden, in den Gassen, sollten sich die Demonstranten verbergen, und herausströmen, sobald ich das Signal von einer Seitenstraße gab. Anschließend sollte ich Remnants Autokonvoi folgen, der direkt ins Kraftwerk führte. Es schien schwierig zu werden, ins Kraftwerk zu gelangen, dachte ich, doch Remnant versicherte mir, dass er wüsste, wie er es zu handhaben hat.
Wir legten viel Vorbereitung in diesen einen Tag. Er rückte unmittelbar näher, das wusste ich. Aber als er da war, war mir doch ziemlich mulmig und unwohl. Es begann alles relativ heiter und ungewohnt fröhlich. Menschen rannten auf den Straßen umher, Kinder spielten und turnten auf dem Weg zum Platz herum. Ohne weiteres folgte ich der Masse, während ich sah, wie Remnant und eine Gruppe weiterer Rebellen Waffen in einen Kleintransporter luden. Hinterher stiegen sie ein, doch ich bewegte mich unauffällig von ihnen davon, um mit der Menschenmasse mit zu strömen. Leise konnte ich ihren Wagen davonfahren hören, dann wendete ich mich komplett von ihnen ab. Ungefähr eine Viertelstunde dauerte der Fußmarsch bis zum Festplatz vor dem Kraftwerk. Von der Straße, von der wir kamen konnten wir den Platz komplett überblicken. Er war tiefer gelegt, rundherum führten Treppen vom oberen Bürgersteig zum mit Pflastersteinen und Marmor verzierten Marktplatz. Dafür, dass mir unsere Siedlung früher schon so groß vorkam, waren unsere Wohnblocks ein Paar Trümmer im großen Moskau. Es dauerte eine Weile, bis alle sich orientiert haben, und sich geradewegs vor einer großen Bühne, am anderen Ende der Fläche, versammelten. Es wimmelte von Männern, Frauen, Kindern. Und überall zu finden waren Wachposten, Polizisten und Soldaten. Als ich merkte, dass sich zwischen den Häusern die ersten Mitstreiter meinerseits sammelten, schlich ich mich aus dem Publikum, ohne großartig aufzufallen. Eine schwere Angelegenheit, musste ich feststellen. Ohne Gedränge und Geschubse ist dies eine unmögliche Aufgabe. Als ich mich aus dem Pulk befreite, schlich ich eine gefühlte Ewigkeit um den Platz herum, um die Demonstranten von den Soldaten weg zu koordinieren, damit unsere Mission nicht sofort kläglich scheiterte. Vor der großen Bühne war ein roter Vorhang. Es schien sich langsam etwas dahinter zu bewegen, und nur wenige Minuten öffnete sich der Vorhang, die Nationalhymne wurde eingestimmt, und Tänzer und Artisten strömten über den grell erhellten Holzboden, der ungefähr zwei Meter über den Köpfen der Bürger ragte. Ihre Vorführungen waren Albern, Peinlich und teilweise arg kitschig. Ein Mann, der sich als Kraftwerk verkleidete, half einer angeblich schwangeren Frau auf und drückte einem zehnjährigen Jungen einen Geldschein in die Hand. Im Hintergrund, groß aufgebahrt, hing die Russische Flagge, kombiniert mit einem Atomzeichen, vor dem Soldaten, Frauen und Kinder salutierten. Schlagartig hörte die Musik und das alberne Rumgehampel auf, und die Laiendarsteller verschwanden blitzschnell von der Bühne. Das Scheinwerferlicht zeigte nun auf eine ganz andere Person: Dersk Knay höchst persönlich. Er hielt eine Rede, natürlich über die ach so tolle Atomkraft, und die großartige und prächtige Zukunft, die Russland bevorstehen sollte. Er redete noch von weiteren Vorteilen und von der Tatsache, wie glücklich wir uns alle doch hätten schätzen können, doch nach weniger als fünf Minuten konnte ich sein Schwafeln nicht länger mit anhören. Ich konzentrierte mich nur noch auf einen meiner Mitkämpfer, der sich hinter einem Auto am Rande des Platzes aufhielt. Seine Aufgabe war es, mir mit einer Taschenlampe ein Signal zu geben, dass mir mitteilen sollte, wann unsere Armee das Fest stürmen sollte. Es dauerte noch zehn Minuten, dann verließ Knay die Bühne mit tosendem Applaus, der jedoch einige Sekunden auf sich warten ließ. Dann kam das Signal. Mein Auftritt. Ich schlich mich zu der Rebellengruppe, die sich versteckt hielt. Ich erklärte ihnen, wie sie vorgehen sollten. Sie sollten sich in mehrere Gruppen aufteilen, und den Festplatz umkreisen. Dann sollten sie, so auffällig wie möglich, auf sich aufmerksam machen. Die Soldaten und Polizisten sollten dann den Rest machen, indem sie auf uns reagieren. Nach meiner Planbesprechung machte ich mich auf den Weg zum Kraftwerk. Ich stieg in ein Auto, gefolgt von weiteren Freiheitskämpfern, die unter anderem Mitarbeiter des neuen Wächters waren. Als wir losfuhren, konnten wir auf den Platz blicken, und wir konnten sehen, wie unsere Kämpfer sich um den Bereich versammelten, und Knay und seine Männer beschimpften. Panik machte sich unter den Zivilisten breit. Soldaten und Polizisten umringten das innere Areal schützend. Nach einer Atempause, und einem Moment der Stille, rannten die Rebellen auf die Mitstreiter Knays los, mit wütendem und ohrenbetäubendem Geschrei, der Festplatz war eine einzige Lärmkulisse. Doch keine Sekunde später, hörte man nicht nur die Kehlen unserer Leute, sondern auch Schüsse und kleine Knalle, wie von Granaten. Die Armee schien mit Waffengewalt vorzugehen. Jetzt wäre alles am Ende, dachte ich. Dutzende Unschuldige sterben, und das nur, weil ich sie angestiftet habe. Aber es war anders: Kurz darauf verschanzten sich die Rebellen, und zückten ihre eigenen Waffen. Das war gut, das könnte uns noch mehr Zeit verschaffen, so unentdeckt wie möglich an das Kraftwerk heran zu kommen, schien es mir. Wir waren nun kurz vor dem Eingangstor zum Kraftwerk, und wir parkten hinter einem Baum. Ich konnte beobachten, wie weitere Truppen, die anscheinend hier oben postiert waren, sich zum Gefecht bei der Eröffnungsfeier aufmachten. Das war ein weiterer Vorteil für uns. Wir griffen uns jeweils eine Waffe, und schlichen zum Tor. Es war für mich ungewohnt, ein Gewehr zu tragen, doch es musste sein. Die Knarre zitterte in meiner Hand. Ich fühlte mich unwohl, und hielt mich hinter meinen Kameraden auf. Ich erzählte ihnen, dass ich ihnen Rückendeckung gäbe, ich hatte jedoch nur Angst, vorne zu stehen. Wir machten einen Halt an der Mauer, an der sich der Eingang befand. Wir erhaschten kurze Blicke vom Innenhof. Dor befanden sich ungefähr zehn Wachmänner. Es dauerte nicht lang, bis sie uns sahen. Sie schossen auf uns, ohne Pause. Es war an der Zeit, einzugreifen. Da sie in wenigen Augenblicken ihre Magazine verpulverten, mussten sie nachladen. Diesen Moment nutzten wir aus, und zeigten ihnen, was eine Harke ist. Wir sprangen auf, und schossen, bevor wir gezielt hatten, um sie so schnell wie möglich zu treffen. Wir rückten vor, und rannten bis zur nächsten Wand, die sich im Innenhof befand. Wir waren nun auf dem Kraftwerkgelände. Alles war grau und kalt, von unten sahen die Gebäude prächtig aus, aber hier oben fühlte man sich wie auf einem Friedhof aus Stein und Metall. Überraschenderweise trafen wir hier auf weniger Einheiten. Auf unserem Weg zum Reaktor begegneten uns zwei, drei Wachen, die wir mit Leichtigkeit erledigten. Nach unserem Sprint erreichten wir das Reaktorgebäude. Hier erblickten wir Remnant, der uns mit einer Handbewegung zu sich lotst. Ich wunderte mich, weshalb ich sein Auto nicht sah, oder irgendein anderes Anzeichen, dass mir verdeutlichte, dass er die Bombe erfolgreich hertransportiert hätte. Oder wenigstens einen Schusswechsel zwischen ihm und den Soldaten. Aber er schien ungesehen den Reaktor erreicht zu haben. Zumindest redete ich mir das Beste ein. Als wir bei ihm waren, sah ich jedoch, wie es wirklich war: Der Reaktor war bereits hochgefahren, und eine riesige Bombe befand sich direkt unter den Brennstäben. Unwissend betrachtete ich was ich dort vor mir sah. Ich konnte nicht einschätzen, ob unser Plan aufging, weil die Bombe schon dort war, oder ob wir gescheitert waren, weil der Reaktor aktiviert war, obwohl Remnant mir versicherte, dass das Hochfahren sich verzögern würde. Kurz bevor ich ihn fragen wollte, was es mit dem ganzen auf sich hatte, zog Remnant die Waffe, und erschoss die Leute, mit denen ich hergekommen war. Vor lauter Schreck ließ ich meine Waffe fallen, doch bevor er mich erschoss, steckte er seine Waffe zurück in seine Tasche. Ich war noch verblüffter. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Mit stapfenden Schritten ging er auf die Bombe zu. Dann blickte er mit seiner Maske wieder auf mich. Zitternd stand ich dort, doch ich fand meine Worte wieder. Ich fragte ihn, voller Verzweiflung und Unwissenheit und Wut, was er getan hat, und was es mit dem Reaktor auf sich hat. „Nun, unser Plan war bloß eine Ablenkung.“ Antwortete er.
Mir kam nichts Weiteres in den Sinn, als die Frage, „Warum?“
„Der eigentliche Plan war ein ganz anderer… Aber am besten wäre es, wenn der eigentliche Anführer unserer Bewegung zu Wort kommt.“
Remnant zeigte auf eine Wendeltreppe, die am Rande des Gebäudes entlangführte. Mit leisen Schritten kam uns Knay entgegen. „Ja, unsere Planung scheint wirklich Früchte zu tragen.“
Entgegnete er uns. Es fühlte sich an, als wenn ein Alptraum sich vor mir abspielen würde. Ich schrie auf, rannte auf Remnant los, doch dieser schlug mich mit einem einzigen Fausthieb zu Boden. Daraufhin befragte ich ihn, wer er sei, und dass er mir endlich seine wahre Identität preisgeben soll. Er lachte laut, und anschließend nahm er seinen dunklen Helm ab. Darunter befand sich jemand, den ich ewig nicht mehr gesehen hatte, und der sehr gealtert und sehr krank und verwundet aussah. Ich wusste nun, wer er war. Wer Remnant war. Vor mir stand Nicolaj Dreibing. Der Nicolaj Dreibing, den ich auf der Schule kennenlernte. Der, der sich damals schon wie ein Rebell aufführte. Der der damals schon dem Rudel beitrat, und den ich verprügelte. „Ja, du siehst richtig. Ich bin es. Du scheinst mich noch zu erkennen, obwohl ich so anders aussehe.“. „Was ist mit dir passiert?“ fragte ich ihn am Boden. „Nachdem du mich vor allen Schülern bloßgestellt hattest, verließ ich das Rudel und trat der Armee bei. Ich kämpfte im zweiten Weltkrieg, und wurde dabei so schwer verwundet, dass ich nicht normal weiterleben konnte. Aus lauter Verzweiflung meldete ich mich unter Knays Ferrum-Soldatenprojekt an, und mein Körper wurde… Besser!“ . Knay ging zu uns. „Ich habe aus dir den perfekten Menschen gemacht.“ Fügte er überzeugt hinzu. „Ja… Vater.“ Antwortete Remnant. Langsam begann ich zu verstehen. Nur stellte sich mir noch die Frage, weshalb unser Plan nichts weiter als Täuschung war, und weswegen, das Kraftwerk mit dem Uran in die Luft gesprengt werden soll. „Unsere Idee mit dem Kraftwerk reicht weit zurück.“ Antwortet Knay. „Seit dem Angriff auf Washington geriet das Gleichgewicht der Mächte auseinander. Amerika schien wehrlos und schwach. Auch wenn die Sowjetunion nicht an der Zerstörung beteiligt war, wirkte es so, als würden wir den Amerikanern den Mittelfinger zeigen. Wenn wir aus unserem Land etwas so prächtiges machen, würde es bald erneut einen Krieg geben. Das dürfen wir nicht zulassen. Wir müssen das Gleichgewicht wiederherstellen, wir müssen Moskau zerstören!“
Moskau sollte zerstört werden. Das war der Plan. Alles andere war eine Farce. „Aber weshalb habt ihr den anderen Plan vorgetäuscht? Was sollte das?“
Lachend ging Knay die Treppe hoch. Er verschwand hinter dem Reaktor. „Als ich dich wiedertraf, nach der Schulzeit, und ich bereits Remnant war, und du der Leiter einer Zeitung, sah ich erst die Ähnlichkeit zwischen uns beiden. Ich dachte, wir könnten… Freunde werden. Wir könnten die Welt retten!“ Antwortete Nicolaj, und sah mich hoffnungsvoll an. Doch nach all dem, was ich nun erfuhr, brachte ich ihm bei, dass ich nie mit ihm befreundet sein werde, weil er ein Tyrann und ein Psychopath sei. Ich schrie ihn an, und voller Verzweiflung versuchte ich ihn daran zu hindern, die Bombe zu aktivieren. Während Knay komplett im Gebäude verschwand, verließ Remnant das Gebäude durch das Tor, durch dass wir reinkamen. Er stampfte auf ein Flugzeug zu. Ich rannte ihm hinterher, zerrte an ihm, schlug ihn, und beleidigte ihn, denn in seiner Hand befand sich bereits der Zündknopf. Während er bereits in das Flugzeug stieg, sackte ich mit Tränen in den Augen zusammen. Das war das Ergebnis von Jahrelanger Arbeit, Revolution, Kämpfen und Verlusten. Alles endet im Feuer. Ich sah zu ihm auf. Er schien auf mich zu warten, und zu hoffen, dass ich mich noch für ihn entscheide. Aber als ich seinen Blick erwiderte, kamen mir nur elende Schimpfwörter über die Lippen. Traurig und enttäuscht sah er auf den Zünder, und betätigte den Knopf. „Die Stadt hat noch zehn Minuten, dann geht die Bombe hoch!“ rief er, und schloss die Tür des Fliegers. Da saß ich nun. Und rein aus Reflex handelte ich. Ich rannte vom Kraftwerkgelände, stieg in das Auto, mit dem ich herkam, und fuhr zurück in die Stadt. Als ich beim Markplatz ankam, schrie ich, dass alle verschwinden sollen, und um ihr Leben rennen, aber es brachte nichts, und das wusste ich auch. Als alle still waren, und mir zuhörten, kam er auch, der Moment. Ein lauter Knall unterbrach mich. Rauch stieg auf. Sirenen fingen an zu heulen. Menschen blicken entsetzt und zu Tode erschreckt auf. Stille. Ein weiteres Knallen.
Feuer. Nichts als Feuer.
Sonst kann ich mich an nichts erinnern. Dann bin ich aufgewacht. Ich brannte und war bedeckt mit Steinen und Dreck. Ich befand mich in einer Welt aus Häusertrümmern, Schutt, Asche, und Feuer, nichts als Feuer. Es war überall. Über mir, unter mir. Einfach alles brannte. Der Ort, an dem ich mich befand, war nicht als Stadt wiedererkennbar, ich dachte ich war in der Hölle. Sonst konnte ich an nichts denken. Ich taumelte stundenlang durch die tote Stadt.
Ich weiß nicht, wie lang ich unterwegs war, aber der nächste Ort, an dem ich mich wiederfand, war ein mit Schneebedecktes Gebirge. Dort fiel ich in den kalten Schnee, und als ich wieder bei Bewusstsein war, durchsuchte ich meine Taschen, nach irgendetwas, was mich an irgendetwas erinnert. Ich fand ein Stück Papier. Es handelte sich um einen der Flyer, den Remnant und das Rudel verteilt hatten. Dort stand in Großbuchstaben >>Remnant<<.
Da ich nichts mehr wusste, sollte dies für die Zukunft mein Name sein.
Alles andere war nun in Vergessenheit geraten. Ich schloss meine Augen. Und ein neues Leben schien für mich… Oder für „Remnant“, zu beginnen.
EPILOG:
Alles war tot und verlassen. Alles deutete darauf hin, dass dies das Ende dieser Stadt war. Doch eine Gestalt hat überlebt. Sie verlässt strauchelnd das Inferno. Im Zentrum des Feuers scheint sich jedoch noch etwas zu bewegen. Der Boden bewegt sich, er bebt gerade zu, und aus der Asche erscheint eine weitere Gestalt, die den Anschein macht, als wenn dies gerade erst der Anfang war…
Dies ist das Ende von „Remnant: Schmerzen“
Bald folgt „Remnant: Angst“