Japan: Kultur, Verhaltensweisen, Bräuche & Sitten

Hier kann man über alles diskutieren, was mit Asien zusammenhängt.
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Tom
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Japan: Kultur, Verhaltensweisen, Bräuche & Sitten

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Wer schon immer mal das eine oder andere über Japan wissen wollte, dem sei hier nun geholfen. :)
  • tbc
Es steht euch frei hier weitere Dinge einzufügen und auch fehlerhafte Dinge anzukreiden solltet ihr euch trauen.

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Tom
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Re: Japan: Kultur, Verhaltensweisen, Bräuche & Sitten

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Titel und Anrede


Das soziale Verhalten in Japan von Japanern untereinander einerseits und im Kontakt mit Gaikokujin (外国人, dt. mit Ausländern; kurz, etwas weniger höflich: Gaijin) andererseits unterscheidet sich in vielen Punkten von anderen westlichen, aber auch asiatischen Nachbarländern. Das rührt teilweise daher, dass Japan ein Inselstaat ist und dass er bis zum Beginn der Meiji-Restauration mehr oder weniger isoliert war. Dadurch entwickelten die Japaner ein ausgeprägtes Bewusstsein für ihre Einzigartigkeit. Diese Auffassung fand ihren Ausdruck in den Nihonjinron.


Die japanische Sprache ist eine kontextsensitive Sprache. Das Japanische kennt vielfältige sprachliche Mittel, die soziale Stellung und das Verhältnis der Gesprächsteilnehmer zueinander differenziert auszudrücken. Eine Konversation wird in der Regel konsensorientiert und respektvoll geführt. Hierzu bedient man sich des Keigo (敬語, „Höflichkeitssprache“), das auf den Hierarchievorstellungen des Konfuzianismus basiert. Damit die Kommunikation gelingt, ist es unabdingbar, dass der Sprecher die Höflichkeitssprache abhängig vom Kontext auswählt. Dazu müssen die Sprecher die Sprechrichtung, die soziale Stellung des Gespächspartners oder einer Person über die gesprochen wird und die Gruppenzugehörigkeit erfassen. Mithilfe der Höflichkeitssprache lässt sich beispielsweise zum Ausdruck bringen, dass der Sprecher seine soziale Position geringer erachtet, als die seines Gesprächspartners. Ebenso gut kann der Sprecher die entgegengesetzte Richtung wählen und zum Ausdruck bringen, dass er die soziale Position seines Gesprächspartners höher einschätzt als die eigene. Um zum Ausdruck zu bringen, dass man jemanden als höher gestellt betrachtet, verwendet man die Respektsform (Sonkeigo). Um hingegen zum Ausdruck zu bringen, dass man jemanden als höher gestellt betrachtet, indem man sich selbst unterordnet, verwendet man die Bescheidenheitsform (Kenjōgo). In beiden Fällen wird zum Ausdruck gebracht, dass eine andere Person höher gestellt ist, jedoch auf zwei unterschiedliche Weisen: indem die andere Person direkt als höherrangig angesprochen wird oder indem ich meine Person unterordne. Im Deutschen nachgebildet entspricht dies etwa folgenden Beispiele: "Nur Sie als Chef können das entscheiden" oder "Ich als Angestellter kann dies keinesfalls entscheiden". Die Formen unterscheiden sich in der Betrachtungsrichtung. Daneben gibt es eine dritte allgemeine Form, das Teineigo. Keigo ist damit deutlich komplexer als die Unterscheidung zwischen „Du“ und „Sie“ in der Deutschen Sprache und stellt daher eine große Hürde beim Erlernen der gehobenen japanischen Sprache dar. Keigo spielt vor allem im Geschäftsleben eine Rolle. Zudem führt die sprachliche Differenzierung zu einer verwirrenden Vielfalt von Anreden, die im Alltag verwendet werden.

Männer und Frauen werden geschlechtsneutral angesprochen, indem man -san (さん) an den Familiennamen anhängt. Manchmal wird auch der Vorname mit dem Suffix -san benutzt, um Respekt und zugleich Nähe auszudrücken. Auch in einem Gespräch über eine abwesende Person wird -san am häufigsten verwendet. Die Silbe -san drückt Respekt aus, daher benutzt man sie nicht, wenn man von sich selbst oder von Familienangehörigen spricht.

Die Nachsilbe -chan (ちゃん) wird für kleine Mädchen und Niedliches (kawaii) im Allgemeinen (Katzen nekochan, Babys akachan) benutzt und entspricht den deutschen Suffixen „-chen“ oder „-lein“. Oft wird dabei auch der Name gekürzt, so wird Yukiko (幸子) zu Yuki-chan (幸ちゃん). Wenn Frauen niedlich wirken wollen, benutzen sie -chan auch untereinander.

-kun wird für Klassenkameraden, Soldaten in der Einheit und Jungs im Allgemeinen verwendet. Für ältere Jungs als der Sprecher selbst gibt es das respektvollere -senpai, das Schüler und Studenten der höheren Jahrgänge bezeichnet.

-sama (様 oder さま) ist die respektvollste Anrede im modernen Japanisch, sieht man mal vom Hofzeremoniell des Tennō ab, wo noch alte Adelstitel im Gebrauch sind. Es wird in der Anrede in Briefen verwendet und gegenüber angesehenen Persönlichkeiten. min'na sama (皆様) ist äquivalent zu „Meine sehr geehrten Damen und Herren“.

Weiterhin sind Suffixe üblich, die eine gesellschaftliche Stellung und Funktion verdeutlichen. Mit Nachname plus sensei (先生, wörtlich „früher geboren“) spricht man Gebildete wie Lehrer, Anwälte, Ärzte, Professoren und Budo-Trainer an; die Anrede ist geschlechtsneutral. Nakamura-sensei kann daher Herr oder Frau Nakamura sein. Die Stellung in einem Unternehmen wird durch ein angehängtes -kachō, -buchō oder -shachō verdeutlicht. Der Austausch von Visitenkarten (名刺) spielt eine große Rolle. Man nimmt die Visitenkarte mit beiden Händen entgegen und liest sie oder betrachtet sie zumindest symbolisch. Viele Visitenkarten haben je eine Seite mit japanischer und „westlicher“ Schrift. Findet ein Gespräch am Tisch statt, wird die Karte links oben vom Empfänger, mit der Schriftseite für ihn lesbar, abgelegt. Keinesfalls steckt man die Visitenkarten in die Hosen- oder Jackentasche, das gilt als respektlos. Zur Aufbewahrung gibt es Etuis, oder man benutzt das Portemonnaie. Auf fremde Visitenkarten soll man, zumindest im Beisein des Gebers, nichts notieren. Gegenwärtig sind Visitenkarten auf der Rückeite häufig mit einem QR-Code versehen, der alle Informationen verschlüsselt enthält und der mithilfe von Mobiltelefonen ausgelesen werden kann.

Es ist auch erlaubt, den Namen auszulassen und nur die Funktion als Anrede zu verwenden, und zum Beispiel einen Lehrer mit sensei anzureden. Hierbei gilt wiederum: Mitarbeiter des eigenen Unternehmens bezeichnet man anderen gegenüber ohne die Höflichkeits-Suffixe. So redet ein Delegationsleiter über den eigenen Unternehmenschef mit 社長の井上 („Unternehmenschef Inoue“). Die Stellung in der Hierarchie wird als Attribut vor den Namen gesetzt.

Die Nachsilbe -tachi (達) bildet dagegen einen Plural. Neben watashitachi (私達, wir) kann man die Nachsilbe auch an andere Personalpronomen und an Namen anhängen. Dann bezeichnet man damit nicht nur eine Person, sondern die ganze Gruppe von Leuten, mit denen die Person normalerweise anzutreffen ist.

Japaner mit Auslandserfahrung stellen sich einem Ausländer gegenüber möglicherweise nach amerikanischer Sitte mit ihrem Vornamen vor. Wenn das Gespräch auf Japanisch geführt wird, sollte man sich trotzdem an die japanischen Konventionen halten. Wenn Englisch benutzt wird, geht das etwas legerer.

Ein großer Unterschied zum Deutschen besteht in der Verwendung der Personalpronomen. Das Japanische besitzt aufgrund der differenzierten Höflichkeitssprache viele Varianten zu den Personalpronomen. Es gibt rund zehn verschiedene Arten, "ich" zu sagen (der eigene Vorname; watakushi/watashi (私); boku (僕) und ore (俺) sind nur einige regionsunabhängige Beispiele), abhängig vom Geschlecht, Alter und Gesprächspartner.

Wo im Deutschen immer das Personalpronomen nötig ist, um zu bezeichnen, um wen es geht, wird es im Japanischen eher weggelassen und man erschließt aus dem Kontext, um wen es sich handelt. Die Personalpronomen der dritten Person haben in der japanischen Umgangssprache eine zusätzliche und besondere Bedeutung. Mit kare 彼 und kanojo (彼女) wird je nach Kontext oft der Freund oder die Freundin (Partner/Partnerin) bezeichnet. Kareshi (彼氏) bedeutet in der gesprochenen Sprache heute ausschließlich „der Freund" im Sinne von „Liebhaber". Ob jemand Single ist, fragt man also mit „kareshi / kanojo ga imasu ka?" anata (あなた) ist das einzige im aktuellen Japanisch verwendete Wort mit der Bedeutung „du“, das in neutralen Zusammenhängen als „Sie“ gebraucht werden kann z. B.: „Bitte benutzen Sie die Yamanote-Linie bis zur Station Shinjuku und steigen sie dann …“ Es stammt von einer gleichnamigen Anrede von Frauen für ihre Ehemänner.

Zudem hat sich die Konnotation ursprünglich höflich verwendeter Wörter in der Geschichte der Sprache ins Negative gewandelt. Unhöflich geworden sind beispielsweise:
  • kimi (君) ursprünglich Bezeichnung für den Tennō (ookimi (大君)) in der Edo-Periode, jetzt Ausdruck für "du" in der Männersprache
  • omae (お前) (ehrenhaftes Gegenüber) früher "Sie", jetzt "he du!" (Ausruf, unhöflich) oder im vertrauten Zusammenhang ein einfaches "du" (ebenfalls Männersprache).
  • kisama (貴様) (Ehrenwerter hochverehrter [Herr]) bedeutet in heutiger Verwendung ironischerweise "du Arschloch".

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Namen


Japanische Familiennamen stehen traditionell vor dem Rufnamen. Wird der Name in Kanji geschrieben, steht er immer in dieser Reihenfolge, in westlicher Schrift wird die Reihenfolge in der Regel in Vorname Nachname geändert.

Endet ein Name auf -moto (本, Wurzel), -yama (山, Berg), -ta/-da (田, Feld), -mura (村, Dorf), -ki (木, Baum) oder -bayashi (大君林, Hain), so ist es meist der Familienname. Weibliche Vornamen enden oft auf -ko (子). Männernamen kennen wesentlich mehr Varianten, -ichi, -suke oder -taro trifft man allerdings öfters an.

Für Ausländer wirkt die Liste gebräuchlicher japanischer Namen sehr kurz, tatsächlich gibt es aber für gleich gesprochene und in Rōmaji gleich geschriebene Namen, besonders bei männlichen Vornamen, oft viele unterschiedliche Schreibweisen in Kanji, denen unterschiedliche Bedeutungen zu Grunde liegen.

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Eltern-Kind-Verhätnis


Benimmt sich ein japanisches Kind unartig, tun die Eltern oft so, als hätten sie dies nicht bemerkt. Will das Kind die Aufmerksamkeit seiner Eltern zurückgewinnen, muss es sich erst artig benehmen. Sinnbild für dieses Verhalten sind die berühmten drei Affen von Nikko:
  • mizaru = nichts (Böses) sehen
  • kikazaru = nichts (Böses) hören
  • iwazaru = nichts (Böses) reden
Hinzu kommt ein starkes Abhängigkeitsverhältnis zwischen Müttern und Kindern, genannt Amae.

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Geschenke


Geschenke werden manchmal nicht in der Gegenwart des Schenkenden ausgepackt, um beiden Seiten einen Gesichtsverlust bei Überraschung und Enttäuschung zu ersparen. Ein Geschenk verlangt ein Gegengeschenk, das allerdings – aus logischen Gründen – von geringerem Wert sein sollte. Ausnahmen bilden Dankesgeschenke, hier ist die Gegenleistung ja schon erbracht worden.

Geld unverhüllt zu schenken gilt als plump. Deshalb kann man in Schreibwarenläden spezielle Umschläge für Geldgeschenke kaufen.

Beim Schenken achten Japaner auf folgende Tabus. Nicht angebracht sind:
  • Vier Gegenstände: die Ziffer „vier“ (shi 四) ist gleichlautend mit dem Wort „Tod“ (shi 死)
  • Weiße Taschentücher weisen auf Trauer hin
  • Weiße Blumen gibt es nur für Beerdigungen
  • Scheren und Messer weisen auf Trennung der Bande hin
  • Gegenstände, die das kaiserliche Wappen enthalten
  • Abbildungen mit Füchsen, die für Hinterhältigkeit stehen
  • Gelbe Taschentücher und ähnliches weist auf Verrat hin.
  • ...
Deutsche sollten etwas mitbringen, das Japaner als „typisch deutsch“ empfinden. Japaner lieben auch Dinge, die Deutsche als verspielt oder kitschig empfinden. Wer etwa aus München kommt, könnte einen Bierkrug, auf dem das Hofbräuhaus abgebildet ist, Berliner ein kleines Brandenburger Tor mitbringen. Selbst eine Sandmännchenpuppe, die die Titelmelodie singt, wurde schon mit Erfolg in Japan verschenkt. Japaner bevorzugen bei Bekleidung Markenartikel, allen voran japanische Markenartikel.

Bei Geschenken ist die Verpackung oft genau so wichtig wie der Inhalt. Aus diesem Grund haben die Japaner auch die Kunst des Verpackens auf einem hohen Niveau entwickelt. Ein schönes Beispiel hierfür sind japanische Tücher, Furoshiki.

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Re: Japan: Kultur, Verhaltensweisen, Bräuche & Sitten

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Begrüßung


Händeschütteln ist in Japan unüblich. Stattdessen verlangt die Etikette eine – dem Rang des Gegenüber angemessene – Verbeugung. Beim Verbeugen muss der Rücken gestreckt sein. Der Rangniedere muss der Waagerechten (dem rechten Winkel) näher kommen und länger in der Verbeugung verharren. Junge Japaner werden dem Europäer allerdings möglicherweise das Händeschütteln anbieten. Insbesondere westlichen Ausländern gegenüber gibt es auch die Kombination Verbeugen und gleichzeitig Händeschütteln.
Grundregeln der Verbeugung:
  • Jüngere vor dem Älteren
  • Frauen vor den Männern
  • Schüler vor Lehrern
  • Gastgeber vor Gästen
  • Verkäufer vor Käufern (Käufer verbeugen sich gar nicht, bestenfalls nicken sie)
  • Schuldner vor Gläubigern
  • Eine 5°-Verbeugung ist für neutrale Handlungen; eine 15°-Verbeugung ist für die höflichere Handlung; eine 30°-Verbeugung ist für eine Bitte oder tiefste Entschuldigung.
Außerdem ist ein direkter Blickkontakt zu vermeiden, da dieser von Japanern als unhöfliches Starren empfunden wird.

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Re: Japan: Kultur, Verhaltensweisen, Bräuche & Sitten

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Gefühle


Tiefere Gefühle zeigt man in Japan selten. Vor allem „negative“, wie Zorn, Trauer und Enttäuschung werden traditionell je nach Alter oft nur den Eltern, dem besten Freund/der besten Freundin oder dem Ehepartner offenbart. Für Europäer ungewohnt kann das Lachen eines Gesprächspartners sein, dem man z. B. erregt von widerfahrener Ungerechtigkeit erzählt.

Lächeln kaschiert oft Schmerz und will dem Gegenüber Mitleid und eine gewisse Verpflichtung zur Hilfestellung ersparen.

Hara (腹, Bauch) – davon leitet sich fälschlicherweise Harakiri ab – ist der Männersprache zugeordnet und kann so viel wie Bauch, Geist oder Seele bedeuten. Frauen verwenden den Begriff Kokoro (心, dt. Herz) oder o-naka (お腹, Bauch).

Eine ungeschriebene Regel japanischer Filme besagt, dass Männer ihre Gefühle meist nicht offenbaren, und wenn doch einmal, dann nur entweder sehr indirekt oder laut, unter Schreien und Tränen.

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Re: Japan: Kultur, Verhaltensweisen, Bräuche & Sitten

Beitrag von Tom »

Kritik


Auf Kritik reagiert man in Japan noch empfindlicher als in westlichen Ländern. Bei aller Kritik ist zu beachten, dass der Kritisierte sein Gesicht wahren möchte. Kritik wird deshalb eher indirekt vorgebracht:
  • Vorsichtig durch Dritte
  • Ohne Worte (durch Schweigen)
  • Lob mit einer angedeuteten Einschränkung
  • Beim gemeinsamen Trinken
  • Ansprechen der ganzen Gruppe, die dann dem Schwächeren hilft
  • Allgemeine Kritik, ohne konkret zu werden
  • Betonung des erwünschten Resultats

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Ja / Nein


Ein „Ja“ (はい hai) kann auch bedeuten, dass man aufmerksam zuhört. Die japanische Etikette verlangt, dass man dem Sprecher durch wiederholtes Ja Aufmerksamkeit zusichert. Allerdings ist ein „Jaja“ (はいはい haihai) verpönt und gilt als unhöflich. Selbst ein hai, so desu („Ja, so ist es“) eines Untergebenen einem Höhergestellten gegenüber muss nicht heißen, dass der Sprecher tatsächlich aus vollem Herzen zustimmt, vielleicht möchte er auch in der Öffentlichkeit den Chef nicht bloßstellen. Unter Gleichgestellten wird auch nur n (ん) oder un (うん) verwendet.

Ein direktes „Nein“ wird mit „iie“ (いいえ) übersetzt, ist aber verpönt. Zieht das Gegenüber die Luft durch die Zähne ein, deutet das auf Schwierigkeiten hin. Das Gleiche gilt für eine in den Nacken gelegte Hand. chigau (違う, [es ist] anders, Wörterbuchform) oder chigaimasu (違います, [es ist] anders, normalhöfliche Form) kommt dem deutschen „Nein“ am nächsten.

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Tischmanieren


Japanische Essstäbchen (Hashi 箸) unterscheiden sich von den chinesischen vor allem darin, dass sie spitz zulaufen und oft kürzer sind. Ein Fauxpas wäre es, die Stäbchen senkrecht in den Reis zu stecken, da eine solche Anordnung den Räucherstäbchen im Reis für Verstorbene vorbehalten ist. Nie reicht man in Japan Speise von Essstäbchen zu Essstäbchen. (Von Stäbchen zu Stäbchen werden nach der üblichen Feuerbestattung die Knochen des/der Verstorbenen bewegt). In Japan wird das Essen oft auf Tellern serviert, von denen sich jeder selbst etwas nimmt. Sind keine zusätzlichen Stäbchen vorhanden, so sollte man seine eigenen umdrehen und die Kehrseite der Stäbchen verwenden (öffentliche Seite).

Hat man das Essen beendet, legt man die Stäbchen parallel zueinander auf den Teller oder steckt sie im Restaurant am besten bis auf 2-3 cm zurück in die Papierhülle, deren Ende man umfaltet, damit leicht erkennbar ist, dass die Stäbchen bereits benutzt wurden. Leere Gläser werden von Tischnachbarn schnell wieder nachgeschenkt. Möchte man nichts mehr, so lässt man einen Rest im Glas. Wer sich selbst einschenkt, kann als Säufer gelten.

Männer dürfen am Tisch gemäßigt Suppe schlürfen. Niesen und in der Öffentlichkeit mit einem Taschentuch die Nase schnäuzen stößt in Japan gerade so unangenehm auf, wie lautstarkes Nase hochziehen in Europa nicht salonfähig ist. Es gilt als mangelnde Körperbeherrschung und gehört zum Abort.

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Ausbildung & Beruf


Japanische Kinder werden schon früh auf Disziplin getrimmt, damit sie eine erfolgreiche Schullaufbahn hinter sich bringen. Voraussetzung für eine erfolgreiche Berufskarriere ist der Abschluss an einer guten Universität, deren Besuch wiederum eine gute Schulausbildung voraussetzt usw. bis hin zum Kindergarten. Hinter dieser Erziehung stehen meist die Mütter. Der Begriff ist Kyōiku Mama (教育ママ, „Erziehungsmutter“). Es gibt aber auch das Wort Mamagon (ママゴン), das sich zusammensetzt aus Mama und dragon (englisch: Drache).

Kennzeichnend für die japanische Arbeitswelt war bis fast zum Ende des 20. Jahrhunderts das Prinzip der lebenslangen Beschäftigung. Aber auch nach der Asienkrise hat sich die hohe Arbeitsmoral der Japaner erhalten. So verzichten nach wie vor viele Angestellte auf den ihnen zustehenden Jahresurlaub aus Loyalität zum Unternehmen und den Kollegen, die dann die anfallende Arbeit mit erledigen müssten. Auch der Krankenstand ist mit 1 Prozent erstaunlich niedrig (Deutschland 2005: 3,3 Prozent), dafür ist Karōshi (Tod durch Überarbeitung) seit Ende der 1980er Jahre ein Medienthema. Die durchschnittlich geleistete Jahresarbeitszeit lag 2005 pro Kopf in Japan bei 1.802 Stunden, in Deutschland hingegen bei 1.372 Stunden.

Kollegen nehmen an familiären Ereignissen regen Anteil und schaffen dadurch ein Klima der Geborgenheit. Der Preis für diese Geborgenheit ist allerdings auch ein enorm hoher Gruppenzwang.

Zur Corporate Identity gehört auch die Unternehmenshymne, die oft vor Arbeitsbeginn von der Belegschaft gemeinsam im Freien gesungen wird.

Der Begriff Salaryman leitet sich von dem (nicht existierenden) englischen Wort salary man (von englisch salary=Gehalt, man=Mann) her. Er bezeichnet den Büroangestellten eines guten Unternehmens. Früher war es das Ziel von Oberschülern und Studenten, Salaryman in renommierten Unternehmen zu werden. Das änderte sich, nachdem die lebenslange Beschäftigung schrittweise aufgelöst wurde.

Der japanische Begriff für Unternehmen lautet Kaisha. Diese Kaisha beansprucht mehr vom Privatleben ihrer Mitarbeiter als zum Beispiel ein deutsches Unternehmen. Dazu gehört auch das Nomikai, das gemeinsame Trinken mit Kollegen nach Feierabend. Die Kaisha verlangt mehr von ihren Mitarbeitern, bindet sie aber auch mehr in die Entscheidungsprozesse ein. Nemawashi bedeutet so viel wie „die Wurzeln bündeln“ und bezeichnet den Vorgang, dass bei der Entscheidungsfindung alle Betroffenen mit einbezogen werden.

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Sprache


Die Formulierung einer Bitte auf Japanisch ist relativ umständlich. Eigentlich kann man eine Bitte nur in einem ganzen Satz formulieren. In diesem Satz wird dann das Verb kudasai (ください) verwendet, das wörtlich „heruntergeben” bedeutet und die eigene untergeordnete Stellung andeutet. Andere Begriffe, um im Satz eine Bitte auszudrücken, sind dōzo (bitte) oder onegai shimasu (ich habe eine Bitte).

Die Höflichkeit gebietet es Japanern, eine Bitte nicht abzulehnen. Fängt ein Japaner an zu zögern oder auf Probleme hinzuweisen, ist das als „Nein“ zu interpretieren. Am besten trägt man Bitten nur indirekt vor („ich hätte da ein Problem …“), um dem Gegenüber den Gesichtsverlust zu ersparen.

Beim Bedanken bieten sich mehrere Abstufungen an:
  • dōmo arigatō gozaimasu (どうもありがとうございます)
  • dōmo arigatō (どうもありがとう)
  • arigatō (ありがとう)
  • sumimasen (すみません)
Der japanische Wortschatz besteht aus einem japanischen Grundvokabular (wago), aus Fremdwörtern (gairaigo) und aus Lehnwörtern, die aus unterschiedlichen Sprachen entlehnt wurden. Eine Besonderheit stellen die Lehnwörter aus China (Kango) dar, die ca. die Hälfte des heutigen Wortschatzes ausmachen. Fremdwörter fließen seit dem 16.Jahrhundert aus dem Portugiesischen, Holländischen, Französischen, Deutschen, Russischen und Italienischen ein. Seit der Meiji-Restauration ist jedoch die englische Sprache der größte Lieferant von Fremdwörtern. Diese Fremd- und Lehnwörter werden der japanischen Phonetik angepasst und in der Silbenschrift Katakana geschrieben.

Lachen gehört in den privaten Bereich und wird deshalb in der Öffentlichkeit nicht so gerne gesehen. Japanische Witze sind oft Wortspiele, die sich auf Grund der homophonen Struktur der japanischen Sprache sehr oft ergeben.

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Re: Japan: Kultur, Verhaltensweisen, Bräuche & Sitten

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Alltagsleben


Genkan ist der Eingangsbereich zu einer japanischen Wohnung. Betritt ein Familienmitglied den Eingangsbereich, so kündigt es sein Eintreten üblicherweise mit dem Ausruf: "'Tadaima'" (ただいま, dt. Ich bin wieder daheim, ich bin wieder zuhause) an. Die Ankündigung der Rückkehr wird aus dem Haus mit "'okaeri'" (おかえり, dt. Willkommen daheim) beantwortet. Betritt man eine fremde Wohnung, kündigt man sein Kommen durch "'ojama shimasu'" (お邪魔します, dt. Entschuldigen Sie bitte die Störung) an, womit man sich zugleich für die Störung symbolisch entschuldigt. Dieses Procedere empfiehlt sich insbesondere dann, wenn es, wie bei Eigenheimen im japanischen Stil häufig, keine Klingel gibt. Im Genkan werden auch die Schuhe abgestellt, da der Innenbereich des Hauses nur mit Strümpfen oder speziellen Pantoffeln betreten werden soll. Für die Toilette gibt es spezielle „Toilettenpantoffeln“.

Im Gegensatz zu Europa und Amerika dient die Badewanne ausschließlich zur Entspannung. Man wäscht sich, bevor man die Wanne betritt, indem man sich auf einen kleinen Schemel setzt, sich mit Wasser übergießt und dann mit Seife wäscht.

In Japan sind sowohl traditionelle Hocktoiletten als auch Sitztoiletten vorhanden. Letztere verfügen zunehmend über eine elektronische Steuerung von Zusatzfunktionen wie z. B. Bidet, Gesäßdusche und -Trocknung und anderes.

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Re: Japan: Kultur, Verhaltensweisen, Bräuche & Sitten

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Otaku


Otaku (jap. おたく, オタク, ヲタク) bezeichnet im Japanischen Fans, die ein großes Maß an Zeit und Geld für ihre Leidenschaft aufwenden und ihr mit großer Neigung nachgehen. Es wird ähnlich der englischen Wörter Nerd oder Geek benutzt.


Wortursprung
Das Wort Otaku (お宅) setzt sich zusammen aus dem Honorativpräfix o (お) und taku (宅), in der Bedeutung von Haus oder Wohnung [einer Person, die nicht zur Familie des Sprechers gehört].
Der moderne Gebrauch im Sinn von Fan/Nerd geht auf eine Modeerscheinung unter Anime- und Science-Fiction-Fans Anfang der 1980er Jahre zurück. In dem Anime Macross von 1982 verwendete die Protagonistin Lynn Minmay Otaku als Anrede. Die Serie fand großen Anklang und einige ihrer Fans ahmten diese übertrieben höfliche Anrede untereinander nach.


Wahrnehmng in der japanischen Gesellschaft
Als Bezeichnung für die Fans selbst wurde „Otaku“ wahrscheinlich zuerst von Nakamori Akio in seiner Kolumne Otaku no Kenkyū (Otaku-Forschung) des Magazins Manga Burikko benutzt. (Dieser Gebrauch ist ein Wortspiel: Sagt man dem Tick folgend dein Buch heißt das otaku no hon, was man aufgrund der Mehrdeutigkeit der japanischen Grammatik auch als Buch von Otaku deuten kann. Er interpretierte das Wort also nicht als Pronomen, sondern als Namen, mit denen die Fans sich ansprachen.) In der Kolumne beschrieb er den Typus eines männlichen Fans, der zu seinen Lieblingsserien eigene Geschichten oder Mangas verfasst (Dōjinshi), sich als seine Lieblingsfigur verkleidet (siehe auch Cosplay) und sich auf Veranstaltungen wie dem Comic Market (abgekürzt Comiket) mit Gleichgesinnten trifft. Seine Eindrücke von diesen Fans, wie sie ihm auf dem Comiket begegneten, waren überaus negativ; er beschreibt sie als unsportliche Stubenhocker, entweder unter- oder übergewichtig, Brillenträger, wahrscheinlich wenig beliebt in der Schule, und trifft damit die typischen Nerd-Klischees.
Der breiten Masse wurde dieser neue Terminus „Otaku“ vor allem durch den Fall des Serienmörders Miyazaki Tsutomu bekannt, der Ende der 1980er Jahre vier Mädchen im Alter zwischen 4 und 7 Jahren missbraucht und ermordet hat. Miyazaki hatte eine riesige Videosammlung (über 5800 Kassetten, darunter viele Gewaltvideos) und konnte offensichtlich nicht mehr zwischen seinen Phantasien und der Wirklichkeit unterscheiden. Außerdem war er ein regelmäßiger Besucher der Comiket, hat selbst Dōjinshi hergestellt und verkauft und wurde von den Medien daher als Otaku identifiziert. War das Wort „Otaku“ bisher schon negativ mit „düsterer Stubenhocker” konnotiert, wurde es jetzt auch noch synonym mit „potentieller Serienkiller”.
Die folgende öffentliche Diskussion über Otakus stellte diese lange Zeit überwiegend negativ dar: Otakus seien unfähig, normale zwischenmenschliche Beziehungen zu führen und bezeichneten sich daher statt mit Namen mit der distanzierenden Anrede Otaku. Die Fixierung vieler Otakus auf junge Mädchen (Lolicon), die bei Miyazaki schreckliche Ausmaße angenommen hatte, war ebenso suspekt wie das Interesse vieler weiblicher Comiket-Besucherinnen an Yaoi-Manga. Aufgrund des Ausmaßes des Otaku-Trends bezeichnete man bald die komplette japanische Jugend als Otaku-Generation. Neben der unterstellten kriminellen Energie der Otaku steht außerdem die Betonung ihrer individuellen Wünsche im Kreuzfeuer der Kritik. Individualismus ist in Japan eher negativ bewertet, und Otakus gelten dementsprechend als ich-bezogen und kindisch.
Erst in den 1990er Jahren begannen Autoren wie Toshio Okada oder Kazuko Nimiya das Otaku-Phänomen als eine moderne und positive Jugendkultur zu interpretierten und statt sich auf Ausnahmefälle zu konzentrieren sich mehr an die Realität anzunähern. Okada ist ein Otaku der ersten Stunde, gehörte zu der Gruppe, die später das Animationshaus GAINAX gründete, und unterrichtete von 1994 bis 1996 an der Universität Tokio sogenannte Otakologie und seine Theorie über Otaku-Kultur. Er befasst sich dabei ausführlich mit den Auswirkungen der neuen Medien auf die Jugendkultur. Nimiya beschäftigt sich in erster Linie mit weiblichen Otaku, die zwar gut die Hälfte aller Besucher der Comiket ausmachen, von der Öffentlichkeit aber häufig ignoriert werden, und widerspricht damit der simplen Vorstellung vom Otaku als männlichen potentiellen Gewalttäter.


Bedeutungserweiterung
Anime und Manga gehören zwar zu den wichtigsten Themen auf dem Comiket, jedoch sind nicht alle Dōjinshi-Manga. Grundsätzlich sind es Fanzines, welche auch Erzählungen, Aufsätze, Interviews, Reviews usw. enthalten können. Dementsprechend sind auf der Comiket eine Vielzahl von ausgefallenen Hobbys vertreten, deren Anhänger man in verschiedene Sorten von Otakus unterscheiden kann. Es gibt z. B. Militär-Otakus (die sich für Uniformen begeistern, entsprechendes Cosplay machen oder am Wochenende im Wald Krieg spielen), PC-Otaku (nannte man früher Hacker), Fußball-Otakus (meist weibliche Fans von bestimmten Spielern) oder die klassischen Anime-/Manga-Otakus, Idol-Otakus (Fans von Popsängerinnen), SF-Otakus usw. Auch Leute, die nicht auf die Comiket gehen, benutzen das Wort „Otaku“, um sich so zu bezeichnen, z. B. als Fitness-Otakus, Geschichts-Otakus o.Ä. So gebraucht hat es keinerlei negative Konnotationen, man bringt lediglich zum Ausdruck, dass man sich hobbymäßig (d.h. nicht beruflich) mit einem Thema beschäftigt und sich darin hervorragend auskennt.


Gebrauch im Westen
Die selbsternannten Otakus GAINAX veröffentlichten mit Otaku no Video eine selbstironische Firmengeschichte in Anime-Form, die auch im Westen veröffentlicht wurde. Hiesige Manga/Anime-Fans übernahmen zunächst die Selbstbezeichnung Otaku in der Bedeutung Anime-Fan, ohne sich über die negativen Konnotationen bewusst zu sein. Mit zeitlicher Verzögerung erreichte die schlechte Presse der Otakus aber auch den Westen, und einige Fans sind davon abgekommen, sich selbst als Otaku zu bezeichnen. Ironischerweise sind Otakus in Japan heute nicht mehr so negativ bewertet, nicht zuletzt dank Meldungen über westliche Fans, die sich stolz selbst Otaku nennen, und dem allgemeinen großen Erfolg von japanischen Comics und Zeichentrickfilmen im Ausland.
Tatsächlich sind die Vorurteile gegenüber Otakus und Nerds nicht so verschieden, jedoch gebrauchen im Westen nur die Fans selbst den Term Otaku, und daher fast immer positiv. In Japan wird „Otaku“ sowohl von den Fans wie auch den Kritikern benutzt, also mittlerweile sowohl positiv wie auch negativ.
Im Westen wird Otaku so gut wie immer im Sinne von Manga-/Anime-Otaku verwendet.

Ich hasse Perfektion.
Sie bietet keinen Platz für Kreation.

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Tom
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Re: Japan: Kultur, Verhaltensweisen, Bräuche & Sitten

Beitrag von Tom »

Cosplay


Cosplay (jap. コスプレ kosupure) bezeichnet einen japanischen Verkleidungstrend, der im Laufe der Neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts mit dem Manga- und Anime-Boom auch in die USA und nach Europa kam.


Namensherkunft
Der Begriff Cosplay, die japanische Abkürzung des englischen Begriffs costume play (frei übersetzt „Kostümspiel“), wurde von Nobuyuki Takahashi geprägt, dem Gründer des japanischen Verlages Studio Hard. Takahashi verwendete seine Neuschöpfung erstmals im Juni 1983 in einem Artikel für die Zeitschrift „My Anime“.


Funktion
Beim Cosplay stellt der Teilnehmer eine Figur durch Kostüm und Verhalten möglichst originalgetreu dar. Der Charakter kann dabei aus einem Manga, einem Anime, einem Videospiel oder einem Spielfilm stammen. Die Kostüme der meist zwischen 15 und 25 Jahre alten Darsteller sind häufig von hoher Qualität.
In der J-Rock-Fanszene werden oft Mitglieder japanischer Visual-Kei-Bands nachgeahmt.
Cosplay wird überwiegend zum eigenen Vergnügen und für Wettbewerbe auf Anime-Conventions betrieben. Eine mögliche Einnahmequelle sind der Verkauf von Fotos oder selbst geschneiderten Kostümen, aber nur ein kleiner Teil der Cosplayer betreibt das Hobby, um damit Geld zu verdienen.


Westliche Cosplay-Veranstaltungen
Cosplay-Wettbewerbe auf westlichen Veranstaltungen erinnern an Varieté-Aufführungen. Die Cosplayer können dabei ein kurzes „Stück“ zum Besten geben: Einige singen beispielsweise das Titellied der entsprechenden Serie, andere zitieren einen zum Charakter passenden Monolog. Gruppen führen meistens einen Sketch oder, im Falle eines Beat 'em up, einen Showkampf auf. Im Wesentlichen wird hier mehr Bedeutung auf die Aufführung als auf das Kostüm gelegt. In den letzten Jahren wird mit steigender Tendenz der Auftritt durch Einspielen von Musik und einer dazu vorgeführten Choreografie unterstützt.
Die Jury eines Cosplay-Wettbewerbes besteht (abhängig von der Veranstaltung) meist aus Ehrengästen, Zeitschriftenredakteuren, Cosplayern und ehrenamtlichen Teilnehmern. Bewertet wird meist in den Kategorien „Ähnlichkeit des Charakters mit dem Original“, „Machart/Fertigung des Kostüms“, „Präsentation des Charakters“, „Zuschauerreaktion“ und „persönlicher Eindruck“.
In Deutschland wird seit 2007 die Deutsche Cosplay-Meisterschaft veranstaltet.


Cosplay in Japan
Japanische Cosplaywettbewerbe sind stärker reglementiert und erlauben außer der Präsentation des Kostüms in einem engen zeitlichen Rahmen keine weitere künstlerische Betätigung.
Manche Cosplayer haben in Japan eine so große Popularität erreicht, dass so genannte „Idol Cards“ (Sammel-Fotokarten) von ihnen erhältlich sind. Viele Cosplayer, die auch im Internet aktiv sind, stellen ihre Kostüme auf eigens dafür gestalteten Webseiten aus.
Die weltweit größte Cosplay-Veranstaltung ist das vom Fernsehsender TV Aichi jährlich in Nagoya organisierte World Cosplay Summit, ein Wettbewerb für Cosplayer mit internationalem Teilnehmerfeld.


Erotische Komponente
In Japan kann der Begriff „Cosplay“ auch als Synonym für erotische Rollenspiele oder für Bordelle, die erotische Rollenspiele anbieten, gebraucht werden.
Etwa seit dem Jahr 2000 entstehen in Japan zunehmend Cosplay-Restaurants. In Etablissements für männliche Kunden (Maid Café) sind die Kellnerinnen als Dienstmädchen, Krankenschwestern o. ä. verkleidet, in Etablissements für ein weibliches Zielpublikum (Butler Café) tragen die Kellner Butler-Kostüme.

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