[Ex 16] Feindesfreunde

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Vivian
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Registriert: Fr 16. Okt 2015, 22:07
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[Ex 16] Feindesfreunde

Beitrag von Vivian »

Kapitel 1

Meine Feinde kenne ich, meine Freunde nicht.

Seit einer ganzen Weile streift Hailey nun schon durch den Wald. Vor gut einer Stunde ist die Sonne untergegangen. Oder waren es zwei? Drei? Sie wusste es nicht. Der Ruf einer Eule hallte durch die Nacht. Trotz ihres Kummers, wodurch sie ihre Umgebung ausblendete, bescherte es ihr ein schaudervolles Kribbeln am ganzen Körper.
Hailey war nun schon sechzehn Jahre auf dieser Welt und von Sekunde zu Sekunde wünschte sie sich mehr es nicht zu sein. Wenn man sie sah konnte man nicht ahnen was in ihr vorging. Über die Jahre hatte sie sich eine Maske aus Selbstbewusstsein und Stärke aufgebaut. Sie war ein hübsches Mädchen. Ein Lächeln ziert ihr schmales Gesicht. Nur sie selbst wusste, das es falsch war. Ihre langen braunen Haare fallen in leichten Wellen auf ihre Schultern. Klein und zierlich. Stets auf ordentliche Kleidung achtend. Vielleicht war ihre Nase ein wenig zu groß und ihre Haut zu blass. Aber ansonsten sah sie wie ein freundliches, aufgeschlossenes Mädchen aus, dessen Leben einfach nur perfekt schien.
Doch genau das war es. Ein Schein. Und dieser Schein trügte. In ihrem Inneren herrschte ein aussichtsloser Kampf von Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit. Nur wenn sie allein durch den Wald streifte konnte Hailey ihr Inneres zeigen. Einfach mal den Gefühlen freien Lauf geben. Hier war niemand. Niemand, der ihre Verletzlichkeit sehen würde. Und das war auch gut so.
Hailey musste ihr ganzes Leben lang dieses perfekte Mädchen spielen, welches die Gesellschaft immer haben wollte. Und sie hasste es. Ihr Leben war nicht perfekt. Das war es ganz und gar nicht. Welches Leben war es schon?
Ihr Vater hatte die Familie vor einigen Jahren verlassen. Ein Säufer, der mit Kneipenschlägerein auf sich aufmerksam machte. Gewalt stand an der Tagesordnung. Wenn er gerade mal nicht trank oder um sich schlug, vergnügte er sich mit irgendwelchen Frauen, die seine Töchtern sein könnten.
Seit dem er Hailey und ihre Mutter verlassen hatte, wurde es jedoch nicht besser. Ihre Mutter erzählte jedem, der es hören wollte oder nicht, dass sie ihn in den Wind geschossen hätte und ganz gut ohne ihn klar käme. Doch wenn sie allein waren versank ihre Mutter in Selbstmitleid. Das einzige, was sie noch interessierte, waren Hailey's Noten.
,,Du willst doch deine Mami nicht enttäuschen, oder?”
Diese Worte. Immer wieder geisterten sie durch Hailey's Kopf.
Doch der Leistungsdruck war ja gar nicht das Schlimmste. Hailey war schon immer ganz gut in Schule gewesen.
Das Problem waren ihre Mitschüler. ,,Kamaraden”, wie sie sie früher gerne nannte. Doch als ,,Streberin” verschrien wurde ihr Schulalltag zur Hölle.
Die Tortur begann als Ceddric auf die Schule kam. Ein großer stämmiger Junge mit blonden Haaren. Leichter französischer Akzent.
Hailey wusste nicht, was genau sie falsch gemacht hatte. Vielleicht hatte sie ihn blöd angesehen? Oder vielleicht passte ihm ihre Kleidung nicht.
Sie hatte keine blasse Ahnung, was es war. Aber von seinem ersten Tag an war sie sein Opfer. Sein Spielzeug, wenn ihm langweilig war. Und Ceddric war oft langweilig. Jeden Tag eine neue Gemeinheit.
Anfangs legte er Wert darauf, ihre Psyche zu zerstören. Sie sollte möglichst lächerlich vor der Klasse darstehen. Er fand immer etwas, womit er sie verletzen konnte. Wenn sie anfing zu weinen hatte er noch mehr Spaß an seinem ,,Spielzeug”.
Doch seit einiger Zeit erweiterte er seine ,,Spielchen” aufs körperliche. Und sie hatte keine Chance sich gegen ihn zu wehren.
Ihre ehemaligen Freunde haben sich von ihr abgewendet. Hailey war ihnen nicht einmal böse. Sie wollten nicht auch Opfer von Ceddric's Spielen sein.
Doch nun stand sie allein da und kehrte sich immer mehr in sich selbst zurück. Nach außen setzte sie ihre Maske der Freundlichkeit und des Selbstbewusstseins auf. Im Inneren war sie kurz davor an den Umständen zu zerbrechen.
Sie begann damit ihre Zeit allein in diesem Wald zu verbringen. Ihre Mutter bemerkte ihr Verschwinden nicht einmal. So konnte sie der Gesellschaft aus dem Weg gehen und ihr Inneres zeigen.
Heute war auch wieder so ein Tag, wo sie einfach nur allein sein wollte. Sie erreichte nach einer Weile ihren Lieblingsplatz. Eine kleine Lichtung mitten im Wald. Es war eine sternenklare Nacht und die Lichtung war in den Schein des Mondenlichts getaucht.
Als sie sich gerade niederlassen wollte hörte sie leise Hilferufe in ihrer Nähe...
"Musik ist die Sprache, die wir alle verstehen."
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