[Projekt] Comenga - The Dark World

Hier können alle Fragen rein. Über vergangene Projekte und zukünftige. Aber auch allgemeine Sachen, wie zum Beispiel Infos zur Wiki.
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Tom
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[Projekt] Comenga - The Dark World

Beitrag von Tom »

  • Eine kurze Vorschau!
    Tomash Bossler ist ein Elementar-Meta, der das Feuer beherrscht. Metas wie ihn, gibt es nur sehr selten. Deswegen hat der Genetische Sicherheitsdienst ihn gleich seinen Eltern weggenommen, als man von seiner Existenz erfahren hat. In einer Schule für übernatürlich begabte Menschen wird er darauf trainiert seine Fähigkeiten für den Staat einzusetzen.
    Als Erwachsener ist er ein sehr loyaler Mitarbeiter des GSD und wird von seinen Vorgesetzten auf den Diebstahl von X-Akten angesetzt. Diese geheimen Dokumente sind schon seit über einem Jahrhundert unter Verschluss und enthalten Wissen, dass niemals ans Licht kommen darf.
    Die Ermittlungen führen zu Martin Rutter, einem Journalisten. Beim GSD sind deswegen alle in höchster Alarmbereitschaft. Tomash erhält den Auftrag Rutter festzusetzen und ihm alle Informationen bezüglich der X-Akten zu entlocken. Dafür erhält Tomash eine Blanko-Vollmacht - Er darf tun und lassen was er will. Das Ziel ist klar: Die Exekution von Rutter und die Vernichtung der Akten. Doch hinter den Kulissen sind mehrere Gruppierungen am Werk. Während die einen die Akten zurückholen oder vernichten wollen, haben die anderen vor die Informationen zu veröffentlichen.
  • Die Hauptpersonen!
    • Tomash Bossler war ein lebensfroher Bursche, der in jungen Jahren in die Fänge des Genetischen Sicherheitsdienstes kam. Dort wurde er all seiner Emotionen beraubt, die durch eine Indoktrination ersetzt wurden. Doch jene war fehlerhaft und so bahnt sich sein Gewissen langsam einen Weg an die Oberfläche.
    • Martin Rutter war verheiratet und hat zwei Kinder. Doch seine Frau verließ ihn, als er keine zeit mehr für sie und die Kinder aufbrachte. Da ihm seine Karriere wichtiger war, als seine Familie konnte Martin eine Zeit lang mit diesem Entschluss leben. Doch als er seine Ex und die Kinder immer wieder traf, wusste er, dass es Zeit war etwas in seinem Leben zu verändern. Gebeutelt von Alkohol und Nikotin ließ er sich nach Germania (ehem. Berlin) versetzen.
  • Eine Leseprobe ...
    ... wird dann kommen, wenn alles soweit unter Dach und Fach ist. ;)
  • Sachen, die ich bereits veröffentlicht habe:
    • X - Der Lauf des Lebens (In der Collectors Edition von X, einem Spiel der Schmiede EGOSOFT, zu finden)
    • Auf Messe(r)s Schneide (im Wunderwaldverlag erschienen)
  • Welche Motivation steckt hinter diesem Text? Wen will ich damit ansprechen?
    Ansprechen will ich mit diesem Projekt alle, die Superhelden und -schurken mögen. Aber es eher nicht so mit Comics haben.
    Zwar haben Marvel, DC und co. schon tolle Charaktere und gute Geschichten erschaffen, aber zum größten Teil läuft es darauf hinaus, dass man sich gegenseitig zusammen schlägt und die Charaktere zu kurz kommen. Ich wollte einfach mehr haben, als nur bisschen Charakter und viel Action. Deshalb hab ich CTD geschaffen, wo man auch in das Leben von solchen besonderen Wesen eintauchen kann.
    Gereizt hat mich dieses düstere Szenario schon lange, aber ich wollte nicht direkt im 2.Weltkrieg oder danach ansetzen. Davon gibt es Geschichten zu hauf. Deswegen dachte ich mir, dass ich die Geschichte einfach über 150 Jahre nach dem 2.WK spielen lasse und den Lesern eine Welt biete, die sich sehr von der unseren unterscheidet.

    Du willst mehr wissen?
    Dann sieh dir die Wiki an!

    Moment mal!
    CTD ist doch ein Forenrollenspiel?!

    Richtig. Das FRPG ist / war quasi ein Feldtest, ob überhaupt Interesse an so einem Szenario besteht.

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Tom
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Re: [Projekt] Comenga - The Dark World

Beitrag von Tom »

Prolog
Vienna, 21.06.2044
Sonnenwendfeier

Auf diesen Dienstag hatte sich Tomash schon seit Wochen gefreut. Der Fünfjährige war den ganzen Tag über schon aufgedreht gewesen, denn das große Feuer zur Sonnenwende gab es nur einmal im Jahr. Dieser Feiertag wurde im Deutschen Staatenbund groß zelebriert, um der lebenspendenden Sonne zu huldigen. Entsprechend hatte er sich etwas feiner gekleidet; dennoch würden ihn weder die schwarze Stoffhose, noch das weiße Hemd ins Schwitzen bringen.
Um in den Spiegel sehen zu können, musste Tomash auf einen Schemel klettern. Nachdem er sich gewaschen und abgetrocknet hatte, waren seine dunkelblonden Haare flauschig. So neckte ihn zumindest seine Mutter, was er überhaupt nicht mochte. Viel lieber waren ihm da schon die Komplimente, von den vielen Mädchen im Kindergarten, die seine braunen Augen betrafen. Sie waren so hell, dass man fast meinen konnte, sie bestünden aus Gold.
Vorsichtig kletterte er von der Waschmaschine über den Schemel wieder herunter, um nicht dreckig zu werden oder seine Sachen zu verknittern. Dann lief er geschwind durch den langen Flur in sein Zimmer, um von seinem Vater die Krawatte umgebunden zu bekommen. Seine Mutter wartete bereits mit dem Sakko.
„Wie fein du aussiehst.“
Ihr österreichischer Dialekt wirkte in diesen Zeiten veraltet. Man sprach kaum noch etwas anderes als Hochdeutsch, was einem die Erzieher schon früh einprügelten. Im wahrsten Sinne des Wortes.
Tomash hatte schnell gelernt, dass Gehorsam Belohnungen nach sich zog oder zumindest keine Bestrafungen. Wer nicht gehorchte oder aus der Allgemeinheit heraus stach - im schlechten Sinne -, der bekam schnell gelehrt, dass Zucht und Ordnung in den Landen des Deutschen Staatenbundes einen hohen Wert hatten.
„Er wird mal ein fescher Mann werden.“
Der Mann mit dem ungarischen Akzent war sein Vater und Tomash war sehr stolz darauf jemanden zu haben, zu dem er aufschauen konnte. Sein Vater war groß, stark und wusste alles. Zumindest hatte das Tomash bisher geglaubt. Doch je älter er wurde und je mehr er Kontakt zu anderen Leuten bekam, desto mehr wurde ihm bewusst, dass Erwachsene doch nicht alles wussten. Außer sein Vater. Denn der war Lehrer.

Heute würde es erst sehr spät dunkel werden, aber wenn es erst einmal so weit war, dann würde man das Feuer hoch in den Himmel lodern sehen. Tomash freute sich so sehr darauf, dass sein Herz schneller schlug und er nervös zwischen seiner Mutter und seinem Vater pendelte.
„Freust du dich?“
Freudestrahlend antwortete Tomash seiner Mutter, die in ein knielanges weinrotes Kleid mit goldenen Blumenstickereien gekleidet war. „Ja!“
Da die Sonnenwendfeier nicht weit außerhalb des Dorfes stattfand, ging die komplette Familie zu Fuß zu ihrem Ziel. Doch kurz bevor ihr Ziel in Sichtweite kam, blieben Tomash‘ Eltern stehen und riefen ihn zu sich. Sie sahen ihn streng an und auch ihre Stimmen waren aufs Äußerste gespannt.
„Wir haben es dir schon tausendmal gesagt und wir werden es wieder tausendmal sagen: Halt dich vom Feuer fern!“
Tomash nickte und verstand. „Ja, Mutter. Vater.“
„Gut.“ Tomash Vater, gekleidet in einen schwarzen Anzug, lächelte. „Dann lasst uns weitergehen.“

Tomash spielte mit den anderen Kindern fangen. Die meisten waren in seinem Alter. Sie hatten den Waldrand als ihren Spielplatz auserkoren und somit einen guten Blick auf die etwas tiefer liegenden Wiesen, wo sich immer mehr Menschen zusammenfanden. Zelte waren aufgestellt worden und blecherne Musik reichte weit über die Fluren. Das Sonnwendfeuer brannte bereits und erleuchtete die Umgebung in einem angenehmen goldfarbenen Ton. Die Sonne war bereits hinter dem Horizont verschwunden und der violette Himmel wurde von Minute zu Minute dunkler.
„Fang mich! Fang mich!“
Tomash lief einem blonden Mädchen hinterher, das ein Jahr älter war als er. Er folgte ihr, blieb aber immer am Rand des Waldes, und wich geschickt den Bäumen aus. Dabei sah er, wie das weiße Kleid des Mädchens im Wind flatterte und hörte ihr Kichern. Sie war schnell. Sehr schnell. Doch er kannte Abkürzungen, denn sein Großvater mütterlicherseits nahm ihn immer wieder mit, wenn er Bäume fällte. Innerhalb weniger Minuten, und einigen Hakenschlägen später, zupfte er an der langen Mähne des Mädchens. Sie schrie erschrocken und leicht schmerzerfüllt auf.
„Aua!“
Ihre blauen Augen fixierten Tomash und ehe er sich versah, schubste sie ihn. Tomash machte einige Schritte rückwärts und verlor das Gleichgewicht, als er über einen Stein stolperte. Er kugelte den leichten Abhang hinunter, der frisch gemäht worden war.
Wenn meine Kleidung dreckig wird, bekomme ich Ärger von meinen Eltern.
Doch Tomash wusste, dass es bereits zu spät war. Mit einem leisen knackenden Geräusch kam er abrupt zu Stillstand und rieb sich die schmerzenden Stellen. Vor allem sein Rücken tat ihm weh. Als er aufstand und sich den Dreck von der Kleidung klopfte, bemerkte er eine wohlige Wärme, die ihn erfasste. Sie ging von seinem Rücken aus. Als er sich umdrehte, sah er direkt in ein loderndes Feuer. Es knisterte und Funken stoben meterweit in die Höhe. Gebannt sah er dem Reigen dieses Schauspiels zu. Plötzlich fühlte er Hände auf seiner Schulter, die ihn wegzogen.
Als sich Tomash umdrehte, sah er seine Eltern. Sein Vater hielt sich die Hände, die seine Mutter gerade mit Wasser überschüttete. Sie waren verbrannt.
„Wasser! Der Junge brennt!“, schrie irgend jemand.
Tomash sah sich um, konnte aber keinen Jungen sehen, der brannte. Da begriff er, dass er derjenige war, von dem sie redeten. Er zog seine Jacke aus, die tatsächlich brannte und trat auf sie ein. Doch das Feuer der Jacke ging auf seine Hose über und schlängelte sich zu seinem Hemd hoch. Überrascht gab er einen Schrei von sich und versuchte sich auch seiner anderen Kleidungsstücke zu entledigen. Da traf ihn ein Schauer lauwarmen Wassers. Als Tomash an sich herab sah, bemerkte er, dass das Wasser schnell verdunstete. Er spürte in seinem Inneren ein Gefühl starker Wärme, das immer stärker wurde. Seine Haut begann rot zu leuchten und schließlich entzündete sich seine Kleidung erneut. Doch diesmal war er selbst die Quelle des Feuers.
„Ein Meta!“, hörte er jemand anderen schreien.

Tomash sah seine Eltern weinen und wusste, dass er sie bald nie wieder sehen würde. Denn Metas wurden im Deutschen Staatenbund von der Regierung groß gezogen. Diese besonderen Menschen, mit ihren natürlich angeborenen Fähigkeiten, wurden im Militär, wie auch im Geheimdienst genutzt. Natürlich wusste Tomash nicht so recht, was das bedeutete, doch so wie seine Eltern darüber redeten, war es etwas, über das man sich nicht freuen konnte.
Immer und immer wieder hatten seine Eltern auf ihren Jungen eingeredet, er solle sich von jeder Feuerquelle fernhalten. Bereits im Alter von zweieinhalb Jahren hatten sich erste kleine Anzeichen breit gemacht, dass Tomash ein Feuerelementar war. Wie etwa, dass sich Kerzen in seiner Nähe von selbst entzündeten oder, dass das Kaminfeuer höher schlug, je näher er ihm kam.
Als wenige Minuten später ein Mann in schwarzer Kleidung und weißen Haaren auf Tomash' Eltern zutrat, wussten alle um den Abschied, als er seinen GSD-Ausweis vorzeigte. Schließlich hatte man Tomash erzählt, was passieren würde, wenn man ihn entdeckte.
„Genetischer Sicherheitsdienst. Ich würde Ihnen gern ein paar Fragen stellen.“

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Re: [Projekt] Comenga - The Dark World

Beitrag von Tom »

Kapitel 0
München, 07.04.2050

Auch an diesem Donnerstag herrschten Zucht und Ordnung in der Schule. Tomash saß kerzengerade in seinem Stuhl, wie auch alle anderen seiner Kameraden. Es waren nicht viele in der Klasse, nur etwa zwölf. Davon vier Mädchen.
Immer wieder glitt Tomash‘ Blick zu der Elfjährigen, mit den langen blonden Haaren. Sie war es, der er es zu verdanken hatte, dass er hier war. Damals, als sie gemeinsam Fangen gespielt hatten, war auch ans Tageslicht geraten, dass das Mädchen mit dem weißen Kleid ein Meta war. Ihre besondere Fähigkeit bestand darin Elektrizität kontrollieren zu können. Sie hatte versucht Tomash vor den Männern in schwarz zu beschützen, doch diese hatten leichtes Spiel mit ihr, denn auch jene Agenten des GSD waren Metas gewesen.
Der Genetische Sicherheitsdienst hatte sie in eine Institution gebracht, in der sie den Wert von Gehorsamkeit, Treue, harter Arbeit und noch vielen anderen Dingen lernen sollten.
Als der Sohn eines Lehrers hatte Tomash keine großen Probleme dem Lehrstoff zu folgen. Doch er tat sich sehr schwer seine Eltern zu vergessen. Seine Lehrer hatten dies erkannt und ihn zu einem Psychologen geschickt, der ihn auch medikamentös behandelte. So wie es eigentlich mit jedem Schüler der Fall war. Das Warum blieb verborgen und es brachte auch nichts, danach zu fragen. Lehrer wie Ärzte und Psychologen beriefen sich auf ihre Schweigepflicht.

„Tomash!“
Als er seinen Namen hörte, sprang Tomash sofort auf und stand stramm. Nichts an ihm wies darauf hin, dass er dem Unterricht nicht seine volle Aufmerksamkeit gegeben hatte.
„Wiederholen Sie, was das Thema der letzten Stunden war. Mit Ihren eigenen Worten.“
Es beruhte auf Gegenseitigkeit, dass sich Lehrer und Schüler kaum mochten. Während die eine Seite streng und unnahbar war, war die andere wild und ungezähmt. Doch schon in den ersten Wochen in der Schule, wurde man zurecht gestutzt. Verbal, wie auch körperlich. Vor allem die Distanz zwischen Lehrer und Schüler, soll durch das Sie gewahrt bleiben.
Im Normalfall würde ein Meta seine Kräfte benutzen, um sich gegen körperliche Gewalt zu wehren. Jedoch wurden Medikamente, Drogen und Elektroschocks genutzt, je nach Meta-Kategorisierung, um die Fähigkeiten zu minimieren oder gar zu unterdrücken.
„Die Evolution.“ Tomash verschränkte seine Hände hinter dem Rücken. „Im 19. Jahrhundert formulierte Charles Darwin die Theorie, dass sich das Leben aus Einzellern entwickelt hat. Diese entwickelten und lebten im Urmeer Panthalassa. Aus diesen Einzellern formten sich zuerst die verschiedenen Mehrzeller, wie etwa die Vorgänger der heutigen Fische, Krebse und Wale.
Darwin zeigte auf, dass durch natürlich Selektion eine Anpassung der Lebewesen an ihren jeweiligen Lebensraum stattfand. Dadurch entstanden verschiedene Variationen derselben Art, aber auch Aufspaltungen in andere Gattungen.
Dreihundert Jahre später wissen wir aber nun, dass ohne psionische Strahlung keine Evolution möglich ist. Leben kann sich nur entwickeln, wenn die Sonne psionische Strahlen aussendet, die von einem materiellen Objekt absorbiert werden.
Durch die psionische Strahlung wird ein Prozess in Gang gesetzt, den wir Entwicklung nennen. Moleküle und Atome verbinden sich und bilden einen einfachen Organismus. Dieser kann sich nur evolutionär weiter entwickeln, wenn er von der psionischen Strahlung dazu angeregt wird.
Labortests haben aufgezeigt, dass entstandenes Leben sich zwar erhalten kann, also durch einen Akt der Sexualität oder Zellteilung vermehren, aber durch die Abwesenheit der psionischen Strahlung wird die DNA nicht dazu angeregt sich evolutionär anzupassen.
In dieser Hinsicht halten Wissenschaftler die Metas für die nächste Evolutionsstufe der Menschheit. Jedoch scheint sich die Natur noch nicht sicher zu sein, welche Fähigkeit die Beste für den Homo Superior sei. Weswegen es ein großes Spektrum an Kräften gibt.“
„Danke. Setzen.“
Es gab kein Lob, wenn man etwas richtig gemacht hatte. Dies war eine Selbstverständlichkeit.

„Also, ich finde Evolution sehr spannend,“ sagte Manfred. „Wenn man bedenkt, dass durch psionische Strahlung tote Materie zum Leben erweckt wird.“
Es war gerade Mittagspause und Manfred hatte sich zu Tomash und Christin gesetzt. Sie öffneten ihre Essenspakete und verzogen das Gesicht. Seit Jahren gab es immer das gleiche zu Essen und Trinken. Es waren mehrere Pasten, die konzentrierte Nährstoffe enthielten. Sie waren zwar mit Geschmacksverstärkern durchsetzt worden, doch das änderte nichts an der Tatsache, dass sich das Zeug wie klebriger Matsch im Mund anfühlte.
„Wenn man das so genau nimmt,“ erwiderte Christin und strich eine blonde Strähne aus ihrem Haar, „dann würde das bedeuten, dass ein ganzer Planet zum Leben erweckt wird.“
„So meinte ich das nicht.“ Manfred stocherte mit der Gabel in einer der rötlicheren Pasten herum. Anscheinend konnte er sich nicht entscheiden, ob er Matsch mit Erdbeer- oder Kirschgeschmack wählen sollte.
„Die Gaia-Hypothese.“ Tomash warf Gedanken einfach mal so in den Raum.
Christine griff ihn auf. „Die Erde und ihre Biosphäre wie ein Lebewesen zu betrachten. Also die Biosphäre Bedingungen schafft und erhält, die nicht nur Leben, sondern auch eine Evolution komplexerer Organismen ermöglichen.“
„Hey! Wir kommen vom Thema ab.“
Manfred stopfte sich schlussendlich gelbe Paste in den Mund, die nach Banane schmecken sollte.
„Entschuldige.“ Christin dachte kurz nach. „Ob man mit der psionischen Strahlung je was anstellen kann?“
„Eine Bombe bauen.“ Tomash trocken hervorgebrachter Einwurf brachte ihm entsetzte Blicke ein.
„Das ist nicht witzig!“
„So war es auch nicht gemeint.“ Tomash legte die Fingerspitzen beider Hände aneinander und stütze sein Kinn darauf. „Psionische Strahlung kann nicht als eine Art Terraforming genutzt werden, weil es einen Planeten nicht strukturell verändert. Viel wahrscheinlicher wäre wohl, dass sich Leben entwickelt, dass sich an die Verhältnisse anpasst. Schließlich ist das ja auch der Sinn der psionischen Strahlung.
Aber so eine psionische Bombe, die jegliches hochentwickeltes Leben wieder in ihre Urform zurückbombt … Ja, die wär schon was. Aber genauso gut könnte sie einen weiteren Evolutionsschub auslösen.
Und da psionische Strahlung weder eingefangen werden kann - weil es Geisterpartikel sind, die jede Materie zu 100% durchdringen -, noch künstlich erzeugt werden können, ist meine Aussauge einer Bombe hiermit Reductio ad Absurdum.“
„Du hast wirklich ein Talent Leute zu erschrecken.“ Christin beäugte ihre grüne Paste und fragte sich, ob es Kiwi oder Apfel war.
Alle sahen Tomash an, der all seine Pasten zusammengemischt hatte.
„Was?“
Christin deutete auf das graue Etwas.
„Es ist eh alles mit den gleichen Inhaltsstoffen. Nur der Geschmack ist anders. Und im Magen kommt sowieso wieder alles zusammen.“
Manfred zuckte mit den Achseln und begann ebenfalls alles in sich hinein zu schaufeln. Auch Christin machte es den anderen nach, wahllos Paste zu essen.
Obwohl das Thema eigentlich abgehakt sein sollte, stocherte Christin doch noch nach. „Wenn psionische Strahlung tote Materie belebt, warum hat dann die Strahlung keinen revitalisierenden Effekt auf bestehendes Leben? Also Unsterblichkeit. Oder, warum gibt es keine Zombies? Schließlich sind sie auch tote Materie.“
Manfred bedachte sie mit einem bösen Blick.
Doch Tomash ergriff zuerst das Wort. „Ein interessanter Gedankengang, den schon andere hatten. Die Antwort darauf ist genauso einfach wie simpel: Weil es Grenzen gibt. Psionische Strahlung regt Atome und Moleküle an sich zu Organismen zu verbinden und sich dann weiter zu entwickeln. Psionische Strahlung ist nicht für die Lebensenergie verantwortlich. Die produziert unser Körper selber. Aber jetzt schweifen wir vom Thema ab.“
„Also könnte es irgendwo auch lebende Steine geben?“ Christins Blick bohrte sich in Thomash.
„Intelligente Steine. Oder Maschinen. Vielleicht auch Gas. Energie. Wer weiß.
Früher wusste man, dass die Erde das Zentrum des Universums ist. Man wusste, dass die Erde flach war. Vor nicht all zu langer Zeit wusste man auch, dass man die Schallmauer nicht durchbrechen kann. Was wissen wir denn schon heute?“
Schweigend aßen alle drei ihren Brei auf.

Als die Pause vorbei war, saß jeder wieder an seinem Platz. Die Ordner säuberlich in den Schultaschen und ein Kugelschreiber, sowie ein aufgeschlagener Block auf der Schulbank. Alle wichtigen Bücher darunter griffbereit in einem Fach.
An der Tafel war ein Zeichnung zu sehen, die den Oberbegriff META zeigte. Davon gingen vier Linien weg, die die Metas in Wilde, Elementare, Psioniker und Molekulare unterteilten. Darunter der Ausruf ‚Erläutere!‘ und ‚Mischung möglich?‘, sowie ‚Zukunft?‘.
Wieso ausgerechnet dieses Thema? Wir haben es schon so oft behandelt, dass ich es auswendig im Schlaf runter rattern könnte.
Tomash mochte solche unangekündigten Prüfungen überhaupt nicht, doch leider konnte er nichts dagegen machen. Also begann er damit den Test folgerichtig auszufüllen.

Was ist ein Meta?
Ein weiterentwickelter Mensch mit besonderen Fähigkeiten. Diese Fähigkeiten sind seinem Metagenom zuzuschreiben, das durch psionische Strahlung bereits während der Schwangerschaft gebildet wird.

Gab es da nicht mal die Theorie, dass die Neandertaler ursprünglich alle reine Metas waren? Und, dass sie sich dann mit einem der anderen Hominiden zum Vorgänger des Homo Sapiens vereinigt hätten? Ach, was weiß ich …

Mutanten
Neben den Metas gibt es auch Menschen mit besonderen Fähigkeiten, die sie aber nicht von Geburt an besitzen. Man nennt sie Mutanten. Menschen, die durch einen Unfall oder Zufall spezielle Fähigkeiten erhalten haben.

Was sind Wilde?
Eine der vier Kategorien, in denen Metas und Mutanten unterteilt werden. Als Wilde gelten Metas, die Fähigkeiten von Totems, sprich Tieren, besitzen.

Ich frage mich, wie ein Wilder entsteht. Zwar heißt es, dass sie die Fähigkeiten von Tieren haben, aber wie sollten sie diese erlangt haben? Ich bezweifle mal, dass sich deren Mütter von Hunden, Schweinen, Pferden und was weiß ich noch alles, haben schwängern lassen. Nein, da muss etwas anderes dahinter stecken.
Was ich weiß ist, dass die meisten Wilden Mutanten dadurch entstehen, dass sie medikamentös mit tierischer DNS behandelt wurden, um Krankheiten zu heilen oder Fehlbildungen zu beheben.
Eventuell, dass ein Tier in der Nähe des Fötus war, als ein psionischer Strahl seine Wirkung entfachte? Aber würde das nicht auch als Mutation zählen? Schwierige Frage.
Ich glaube, ich sollte mit der Prüfung weiter machen, als mir den Kopf jetzt darüber zu zerbrechen.


Was sind Elementare?
Metas mit der Fähigkeit elementare Kräfte zu bändigen. Dazu zählen Erde, Feuer, Wasser und Luft genauso, wie Elektrizität, Magnetismus oder Gravitation.

Was sind Psioniker?
Mental begabte Metas mit der Fähigkeit zur Empathie, Telepathie, Telekinese und anderen psychologischen Möglichkeiten.

Was sind Molekulare?
Für Molekulare gelten die Gesetze der Physik nicht. Sie können sich unsichtbar machen, durch Barrieren gehen, fliegen und dergleichen.

Können sie sich untereinander vermischen?
Es ist bekannt, dass sich Metas der gleichen Kategorie gern miteinander einlassen. Ebenso weiß man, dass Metas mit gleichen oder ähnlichen Fähigkeiten Kinder kriegen, die ebenfalls Kräfte bekommen, die den Eltern ähneln.
In seltenen Fällen soll es auch übergreifend zur Vermischung gekommen sein, aus denen ein sehr spezieller Meta hervorging. Jedoch kommen bei solchen Mischverhältnissen in 99% der Fälle nur wieder Menschen raus.

Ich habe mal davon gehört, dass sich ein Feuerelementar mit einem Blitzelementar eingelassen hat und dass daraus ein Meta mit Plasma-Fähigkeit entstanden sein soll. Aber ob das stimmt ...

Wie sieht die Zukunft der Menschheit aus?
Forscher nehmen an, dass die heutigen Metas ein Test der Natur sind, um herauszufinden, welche Fähigkeit sich am Besten eignet, um sich für die kommenden Veränderungen der Umwelt zu wappnen. Vielleicht sind sie auch eine Laune der Natur und verschwinden wieder von der Bildfläche.

Gerade als Tomash dachte, mit dem Test fertig zu sein, hörte er, wie Kreide über die Tafel fuhr. Als er aufblickte, sah er, dass der Lehrer weitere Punkte zum Test hinzufügte. Niemand stöhnte oder murrte, das würde Punktabzug geben. Jeder las die neuen Punkte und widmete sich dann wieder seinem Blatt Papier.

Erkläre die Entwicklungsstufen eines Metas anhand eines Feuerelementars!
Stufe 0: Bei der Entwicklung im Mutterleib, sowie bei der Geburt und bis zum 2. Lebensjahr sind die Fähigkeiten inaktiv.
Stufe 1: Einfache Kontrolle, Manipulation und Absorption.
Stufe 2: Körperliche Änderungen (glühende Augen, brennende Haare, einige Körperteile ganz entflammt).
Stufe 3: Elementarmodus (rote brennende Haut, gelb leuchtende Augen, gelb protuberanzierende Haare)
Das wären die drei Grundstufen, die ein normaler Meta im Laufe seines Lebens durchläuft. Stufe 3 verwandelt den Meta bei seinem Tod automatisch in ein Naturphänomen (körperloses Wesen). Das geht mit dem Prinzip einher, dass im Universum keine Energie verloren geht, sondern nur umgewandelt wird.

Die Frage, die bis jetzt noch nie jemand hat beantworten können: Wo speichern wir unsere Energie bzw. woher beziehen wir sie?
Ich bin zwar kein Wissenschaftler, aber in Physik bin ich doch recht gut. Sollte man als Elementarer schon sein.
Soviel ich mal gelesen habe, meinen einige Wissenschaftler, dass es eine weitere Dimension geben muss, in die wir Metas unsere überschüssigen Energien abstrahlen und dann wieder holen, wenn wir sie brauchen. Die Akasha-Zone.
Wenn ich mich aber auf die Energien konzentriere, dann fühlt es sich so an, als würden sie in mir ruhen oder als Teil meiner Aura existieren. Ich denke, dass wir Metas unsere Kraft von der Natur beziehen. Vor allem die Sonne, mit ihrer Strahlung, gibt uns Energie. Und diese speichern wir dann in unseren Zellen oder dem bioelektrischen Feld, das uns umgibt - der Aura.


Es gibt unbestätigte Daten über weitere Stufen, die bei extremen bzw. außergewöhnlichen Situationen (extreme Wut durch den Verlust eines Partners - Mord) überreizt werden.
Stufe 4: Nova-Modus (gelb brennende Haut, rot leuchtende Augen, rot protuberanzierende Haare)
Stufe 5: Super-Nova-Modus (Aussehen als Äquivalent eben jenes Sterns)
Stufe 6: Hyper-Nova-Modus (Aussehen als Äquivalent eben jenes Sterns)
Allerdings wäre die Vernichtungskraft eines solchen Metas so groß, dass es den ganzen Planeten zerstören würde. Von daher darf ausgegangen werden, dass die Daten Irrläufer sind.

Die letzten drei Stufen wären verheerend. Es würden ganze Landstriche bis Kontinente vernichtet werden. Ja, sogar der ganze Planet.
Wenn man jetzt einen Meta von 30 Jahren, einer Größe von 180 cm und einem Gewicht von 80 kg hernimmt, würde das - schnell mal auf einem Schmierzettel durchrechnen - einer 80 MT-Bombe entsprechen.
Aber die dadurch freigesetzte Energie würde auch mit der Selbstzerstörung des Metas mit einhergehen.


Tomash saß allein in seiner Stube und hielt das Ergebnis des Tests in seiner Hand. Volle Punktzahl. Er legte den Zettel weg und sah aus dem Fenster, das keines war. Es war nur ein in die Wand eingelassener Bildschirm, der einen vorgaukeln sollte, dass man sich in einem normalen Gebäude befindet. In Wahrheit befand sich die Schule tief unter der Erde in einem Bunker. Man hatte den Schülern nie erklärt warum, aber Tomash hatte so seine Vermutung.
Weil man Angst vor uns Metas hat. Für die Menschen sind wir Waffen. Vor allem für das Militär. Wenn wir durchdrehen können sie uns hier unten leichter unter Kontrolle bekommen oder töten. Vor allem können sie uns von der Außenwelt abschotten. Fern von Einflüssen, die sie schädlich für uns ansehen.
Ein leichtes Ziehen zwischen den Schläfen begann Tomash zu quälen. Er bekam es immer, wenn er zu viel über bestimmte Dinge nachdachte. Einer seiner Kameraden hatte es mal so formuliert, dass man bei den ärztlichen Untersuchungen Psychopharmaka verabreicht bekam, die eine heimliche Indoktrination unterstützen sollte. Natürlich war das nur ein Gerücht gewesen. Aber kaum das man es äußerte, war man auch schon beim Psychologen, der ein sehr intensives Gespräch mit einem führte.
Als die Kopfschmerzen schlimmer wurden, öffnete Tomash eines der Schubfächer an seinem Schreibtisch und nahm eine der unzähligen Pillen, die darin fein säuberlich sortiert und beschriftet lagen.
Dann ging Tomash zum Bildschirm und wählte am Touchscreen den Nachtmodus aus. Die Anzeige sprang sofort zu einem Sternenhimmel um. Anschließend zog sich Tomash bis auf die Unterwäsche aus, legte seine Kleidung fein säuberlich auf dem Nachtkästchen zusammen und schaltete das Licht aus.

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Kapitel 1
Germania (ehem. Berlin), 31.3.2064

Hauptquartier des Genetischen Sicherheitsdienstes
Unterirdische Arrestzellen und Verhörräume


Er saß schon seit Tagen auf diesem Metallstuhl. Oder waren es erst Stunden? Vielleicht doch schon Wochen? Das Gefühl für jegliches Verstreichen von Zeit war ihm abhanden gekommen.
„Ich …“ Mühsam brachte er die Worte hervor. Silbe für Silbe. „… kann nichts gestehen, …“ Sein Atem ging schwer und er musste immer wieder Pausen einlegen. „… was ich nicht getan habe.“
„Aber lieber Doktor, Sie wissen doch ganz genau, dass wir alles wissen.“
Die Stimme war männlich. Der Doktor versuchte die Augen zu öffnen und wurde dafür mit Schmerzen bestraft. Das Licht im Raum mochte nicht genügen, um ihn zu erhellen. Doch es genügend vollauf, um ihm Pein zu bereiten.
„Vielleicht mögen Sie die Erinnerungen verdrängt haben. Oder haben einen Ihrer Schüler dazu angestiftet Ihre Erinnerungen zu löschen.“
Hinter einem roten Schleier aus Blut erkannte der Doktor den Mann. Es war Robert Stadler, Aufseher des GSD. Sehr gewieft, aber auch brutal. Er war kein Schüler des Doktors gewesen, denn er war weder Meta noch Mutant. Doch immer wieder hatten sich ihre Wege gekreuzt und der Doktor gewann schnell den Eindruck von einem Mann, der Spaß daran hatte andere leiden zu lassen. Vor allem dann, wenn es legal war und seine Karriere förderte.
„Lassen …“ Ein tiefer Atemzug und es fiel leichter zu sprechen. „… Sie meine Schüler da raus!“
Schritte drangen an sein Ohr und der Doktor wusste, dass sein Folterknecht -auch wenn er in diesen modernen Zeiten ‚Schmerztechniker‘ genannt wurde-, ihn umrundete.
„Wieso? Wir wissen was Sie getan haben. Wann und wo.“
Ein Schlag in seine Seite brachte den Doktor dazu Blut zu spucken. Eine weitere Welle des Schmerzes brandete durch seinen Körper. Diesmal ging sie von seiner linken Niere aus. Aber der Doktor bemerkte noch etwas: Der Schmerz wurde dumpfer. Dies bedeutete entweder, er würde bald ohnmächtig werden oder, seine Schmerzrezeptoren waren überlastet und schalteten sich ab. Für beides wäre er mehr als dankbar gewesen.
„Wir wollen von Ihnen nur ein Geständnis. Sowie die Namen ihrer Mittäter. Dann endet dies alles sofort. Hätten Sie von Anfang an kooperiert, wäre Ihnen so viel Leid und Qual erspart geblieben.“
Der Doktor musste reflexartig Lachen, als er das hörte. Was dazu führte, dass sein Lachen in einen Hustenanfall überging und ihm Blut hoch kam.
Anscheinend werde ich nicht mehr lange leben, denn so viel Blut wie ich schon verloren habe …
„Mit anderen Worten …“ Der Doktor versucht sich aufrecht hinzusetzen, was dazu führte, dass sein ganzer Körper vor Schmerzen brannte. „… ich würde schnell getötet werden.“
Langsam passten sich seine Augen an das Licht an und er erkannte, dass der Raum ein einziger Schatten war.
„Lieber Doktor, oder darf ich Xaver sagen?“ Stadler lachte und schlug seinem Opfer mehrfach in freundschaftlicher Art auf die rechte Schulter. „Das was Sie getan haben ist Hochverrat. Nichts anderes als der Tod wäre eine gerechte Strafe für Sie. Das Reich …“
„… existiert schon seit 1964 nicht mehr!“ Es hatte den Doktor einiges an Kraft abverlangt dies laut und deutlich zu sagen. Dabei hatte er sich aufgebäumt und fiel nun zu Boden. Wie ein nasser Sack schlug er auf. Doch sein Aufseher tat nichts, um den Sturz abzufangen oder ihn wieder auf zu helfen.
„Haben Sie sich weh getan?“
Der Doktor ignorierte den Sarkasmus und versuchte vergebens sich aufzurappeln.
„Sie mögen Recht damit haben, dass das Reich 1964 in einer Rebellion unterging und durch den Staatenbund ersetzt wurde. Aber es ändert nichts daran, dass immer noch Leute mit der rechten Gesinnung die Strippen ziehen.“
„Leider.“
Dies eine Wort brachte Xaver mit Verachtung hervor und fing sich dafür einen rechten Haken ein.
„Seien Sie kein Narr, Doktor. Das Reich hatte eine strenge Führung und dem Bund fehlt es eben an jenem.“ Stadler drehte sich einmal um sich selbst und warf die Arme verachtend weg. „Demokratie. Pah! Hitler Tochter hat uns in eine Situation gebracht, in der die Menschen immer wohlgefälliger werden.“
„So etwas nennt man Zufriedenheit.“
Stadler bedachte den Doktor mit einem finsteren Blick.
„Nein. Das ist Verweichlichung! Das deutsche Volk muss kraftvoll bleiben! Und Kraft bekommt man nur durch Arbeit. Und Arbeit bringt Freude. Wer arbeitet muss auch zufrieden sein. Denn durch Arbeit erreicht er etwas.“
„Hohle Phrasen.“
Mehrere Tritte in den Bauch ließen Xaver vollends zusammenbrechen.
„Wie mir scheint können wir noch lange so weiter machen, ohne Ergebnisse zu erzielen.“
Stadler packte den Doktor am Kragen und verfrachtete ihn unsanft wieder auf den metallenen Stuhl. Dann legte er seinem Gefangenen Fesseln an, die mit dem Stuhl verbunden waren.
„Es ist sehr schade, dass wir nun andere Maßnahmen ergreifen müssen.“
Stadler nahm Haltung an und hob den rechten Arm zum Gruß. „Heil Adler!“
Dann verließ er den Raum.

Schmerz jagte durch Xavers Körper und er begann zu zählen, um sich abzulenken. Als er bei Tausend angekommen war, hatte er sich soweit beruhigt, dass sein Atem gleichmäßig ging. Auch seine Sinne hatten sich, nun da der Schmerz unter Kontrolle war, geklärt. So bemerkte er auch, dass er nicht alleine war.
„Ich weiß, dass Sie da sind. Ich höre Sie atmen.“
Xaver kniff seine Augen zusammen und sah, wie jemand aus den Schatten trat. Es war ein groß gewachsener Mann. Er trug eine schwarze Stoffhose. Dazu ein weinrotes Hemd mit einer schwarzen Krawatte. Wäre da nicht der lange schwarze Mantel gewesen, man hätte den Mann für einen vornehmen Herren halten können. Elegant war er auf jeden Fall. Das dunkelblonde Haar war kurz und zurück gekämmt. Seine Augen verbargen sich hinter einer Sonnenbrille mit weinroten Gläsern.
„Können Sie mit dieser Brille hier überhaupt etwas sehen?“
„Ja.“ Sagte der Mann und blieb nur wenige Zentimeter vor dem Stuhl stehen. „Ich kann mehr sehen als jeder andere Mensch.“
„Tomash.“ Erkannte ihn Xaver. Es war schon lange her, dass er ihn das letzte Mal gesehen hatte. „Wie lange ist es her?“
„Zehn Jahre.“
„Du hältst dich kurz und knapp mit deinen Antworten.“ Durch die ihm gewährte Ruhe fiel es Xaver immer leichter zu reden. „Als du noch einer meiner Schüler warst, hast du auch nicht viel geredet. Zumindest vor anderen. Doch, wenn wir alleine waren, warst du etwas gesprächiger.“
„Sie waren ein guter Lehrer. Und als Psioniker hätten Sie es weit bringen können. Ich verstehe nicht, warum Sie das getan haben.“
„Weil es das Richtige war.“
„Sie gestehen?“
Bis jetzt hatte Tomash keinen einzigen Gesichtsmuskel verzogen, doch jetzt zeichnete sich Überraschung in ihm ab.
„Ja. Ich gestehe, dass ich Dokumente des Reiches kopiert und sie an Unbefugte weiter gegeben habe.“
„Warum jetzt? Warum haben Sie nicht zu Beginn gestanden?“
„Weil ich dann nicht auf dich getroffen wäre.“
„Mein Hiersein entspringt einem Zufall. Es hätte auch jeder andere Agent des GSD sein können.“
„Und doch bist du hier.“
„Wollen Sie mich verunsichern?“
„Nein.“
„Sie können nicht die Zukunft sehen.“
„Nein. Aber du dürftest über meine Fähigkeiten informiert sein.“
„Sie sind ein Empath. Das heißt, dass Sie die Gefühle von anderen Leute spüren können.“
„Und beeinflussen. Deswegen war ich auch eine Vertrauensperson.“
„Vertrauen, das Sie missbraucht haben.“
Xaver schüttelte den Kopf. Der daraufhin kommende Schmerz ließ ihn inne halten und sein Gesicht verziehen. Tomash ging um den Stuhl herum und nahm von dem dort stehendem Tisch einen Lappen. Diesen tauchte er in eine Schüssel Wasser und begann dann das Gesicht seines ehemaligen Lehrers zu säubern. Gierig trank er das verschmutzte Wasser, das ihm in den Mund lief.
„Vertrauen ist etwas, das man sich verdienen muss, Tomash. Leute wie Robert haben es nicht verdient das Vertrauen von uns zu haben. Sie handeln gegen die Prinzipien des Staates.“
Der Blick des Doktors traf den von Tomash und löste in beiden etwas aus.
„Der Staat muss geschützt werden.“ Tomash straffte sich. „Es muss Männer wie uns geben, die in der Dunkelheit wandern.“
Xaver grinste. „Poetisch. Ich dachte, dass hätten Sie dir in der Schule ausgetrieben. Also besteht Hoffnung.“
„Hoffnung?“
Tomash legte den Kopf schräg und musterte den Mann vor sich. Sein Lehrer war alt geworden. Falten hatten sich tief in sein Gesicht gegraben, die sich auch über seinen kahlen Schädel zogen. Am Kinn hatte er einen kleinen Ziegenbart, dessen Haare schon ergraut waren und nicht mehr den schwarzen Glanz von einst hatten.
„Du bist ein Auslaufmodell. Besser gesagt, die Indoktrination, die sie mit dir gemacht haben. Psychopharmaka, Gehirnwäsche und so ‘n Zeug.“
Xaver versuchte seine schmerzenden Glieder zu massieren, konnte aber dank der Fesseln sich kaum bewegen. Also versuchte er sich so weit wie möglich zu entspannen.
„Was bei einem Menschen ganz Wirksam ist, ist bei uns Metas nur bedingt anwendbar. Oder in einem Maß, dass es uns schadet.“
Tomash legte den Waschlappen weg und säuberte seine Hände gründlich. Dann verschränkte er sie vor seiner Brust.
„Beeinflussung geschieht tagtäglich. Werbung im Fernsehen beeinflusst unser Kaufverhalten. Eltern beeinflussen unser Verhalten. Genauso wie Lehrer, Freunde und die Umgebung uns beeinflussen.“
„Wir werden Teil der Gesellschaft.“
„Genau.“
„Warum bist du es dann nicht?“ Xaver kniff die Augen zusammen, lehnte sich vor und gebrauchte Tomashs Worte. „Warum wanderst du in der Dunkelheit?“
Schweigen.
„Weil dein Geist in Dunkelheit gehüllt ist. Hinterfrage dein Verhalten. Dein Wissen. Deine Vergangenheit. Beobachte die anderen. Was unterscheidet dich von ihnen?“
Nach wie vor sagte Tomash nichts. Jedoch veränderte er seine Position. Er verschränkte seine Arme hinter seinem Rücken. Straffte seine gestalt, als würde er vor einem Ausbilder stehen, der nicht den geringsten Fehler tolerierte.
„Es sind Gefühle. Man hat dich deiner Emotionen beraubt. Dein Gewissen abgestumpft. Doch die Indoktrination bröckelt. Wird sie nicht erneuert, dringen alte Gefühle und Erinnerungen hoch. Aber mit der Zeit wird sie nutzlos. Körper und Geist werden resistent. Und dann …“
Der Doktor ließ den Satz offen.
„Sie werden jeden von euch beseitigen. Den einen früher, die andere später.“
Sekunden verstrichen, in denen niemand etwas sagte. Dann wurden sie zu Minuten. Schließlich ging Tomash zur Tür. Doch er konnte sie nicht passieren. Für ihn blieb sie verschlossen. Kurz blieb er reglos stehen, so als würde er auf etwas lauschen. Dann drehte er sich um. Sah auf den Tisch mit den blutverschmierten Folterwerkzeugen. Auf die herausgezogenen Finger- und Zehennägel, die am Boden lagen. Die Blutlache, die von Sekunde zu Sekunde immer größer wurde.
„Natürlich.“ Der Doktor lächelte seinen ehemaligen Schüler an. „Als würde hier je jemand verschont bleiben.“
Obwohl Arme und Beine gebrochen waren, sein Körper von Schlägen geschunden und übersäht mit Schnittwunden, fühlte sich Xaver in diesem Moment weder Angst noch Bedauern.
„Bevor ich Sie nun zu Asche verbrenne, möchte ich gern wissen, woher Sie wussten, dass ich hier sein würde.“
Xaver lächelte. „Das wusste ich nicht.“
„Das verstehe ich nicht.“
„Das soll heißen, dass es egal war, wer mir gegenüber stehen würde. Entweder es wäre jemand wie du gewesen, von der alten Indoktrination oder jemand der neuen Generation. Vielleicht auch nur ein Mensch. Wie dem auch sei, nur euch Alten wollte ich sagen, was ich dir gesagt habe. Bei all den anderen hätte ich bis zum Tod geschwiegen.“
„Es gibt Telepathen, um Informationen zu beschaffen.“
„Ah, ja.“ Xaver lachte. „Aber deren Aussagen lassen sich nicht zweifelsfrei nachprüfen.“
„Was würde es ihnen schon bringen zu lügen?“
„Überleben?“
Tomash schwieg.
Xaver schloss seine Augen und atmete tief ein und aus.
„Bringen wir‘s hinter uns.“
Kurz bevor er die Hitze der Flammen spürte, wusste der Doktor, dass seine Worte zu Tomash durchgedrungen waren.
Handle, Tomash! Handle!

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Leseprobe Comenga

Beitrag von Rainer Prem »

Hallo,

Ich habe mir die drei Kapitel über die Metas durchgelesen.

Der Prolog ist gut geschrieben, braucht aber sehr lange, bis er zum Punkt kommt.

Das zweite ist natürlich nur ein großer Infodump. Und die Gedankenstimme ist für einen Neunjährigen schon extrem erwachsen, selbst wenn er ein Mutant ist.

Im dritten Teil ist "Der Doktor" inkonsistent beschrieben. Zuerst fast am Ende, spuckt er Blut, und dann plötzlich führt er eine hochintellektuelle Diskussion mit Tomash.

Eigentlich habe ich keine große Lust weiterzulesen. Zum einen hast du ja noch keinen sympathischen Protagonisten eingeführt. Wenn Tomash im weiteren Verlauf "der Gute" werden soll, dann dürfte er meiner Meinung nach den Doktor nicht so einfach verbrennen. In Harry Potter gab es sehr viele Hinweise auf Dumbledores Schicksal, bevor Snape ihn umbrachte, und mir persönlich war es damals klar, dass der es nur auf seinen Wunsch hin tat. Ich denke du solltest versuchen, aus Tomash eine ähnlich zwiespältige Figur zu machen.

Zum zweiten sind mir die Hinweise auf "Deutschen Staatenbund", "Reich", "Hitler(s?) Tochter" und "Heil Adler" zu verwirrend, um da eine Meinung zu finden. Hier wäre wahrscheinlich weniger mehr.

Grüße
Rainer
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Re: Leseprobe(n)

Beitrag von Tom »

Rainer Prem hat geschrieben:Das zweite ist natürlich nur ein großer Infodump.
Das stimmt.
Ich habe eine zweite Nullnummer geschrieben, die eine komplett andere Handlung hat. Doch leider ist sie mir bei einem Datencrash verloren gegangen. :(
Rainer Prem hat geschrieben:selbst wenn er ein Mutant ist.
Meta, nicht Mutant.
Rainer Prem hat geschrieben:Im dritten Teil ist "Der Doktor" inkonsistent beschrieben. Zuerst fast am Ende, spuckt er Blut, und dann plötzlich führt er eine hochintellektuelle Diskussion mit Tomash.
Vermerkt.
Wird dann *irgendwann* überarbeitet.
Rainer Prem hat geschrieben:Zum zweiten sind mir die Hinweise auf "Deutschen Staatenbund", "Reich", "Hitler(s?) Tochter" und "Heil Adler" zu verwirrend, um da eine Meinung zu finden. Hier wäre wahrscheinlich weniger mehr.
Das sind Anspielungen auf Filme und Bücher, wie etwa "Vaterland" oder "Iron Sky".

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Re: Leseprobe(n)

Beitrag von Rainer Prem »

Hallo,
Tom hat geschrieben:
Rainer Prem hat geschrieben:selbst wenn er ein Mutant ist.
Meta, nicht Mutant.
Ist mir schon klar, ich wollte mich nur nicht wiederholen.
Tom hat geschrieben:
Rainer Prem hat geschrieben:Zum zweiten sind mir die Hinweise auf "Deutschen Staatenbund", "Reich", "Hitler(s?) Tochter" und "Heil Adler" zu verwirrend, um da eine Meinung zu finden. Hier wäre wahrscheinlich weniger mehr.
Das sind Anspielungen auf Filme und Bücher, wie etwa "Vaterland" oder "Iron Sky".
die ich nicht kenne, was du grundsätzlich bei Lesern auch nicht voraussetzen darfst. Es sei denn das hier ist Fanfiction. Ist es das? Wenn nicht, solltest du dir schon deine eigene Welt konsistent zusammenbauen.

Grüße
Rainer
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Re: [Projekt] Comenga - The Dark World

Beitrag von Tom »

Version 2

Kapitel 0
München, 07.04.2050

„Was jetzt?“
Tomashs Augen huschten hin und her, beobachteten und analysierten.
Die Gruppe um ihn, Christin und Manfred war vor ein paar Stunden mitten im bayerischen Wald abgesetzt worden. Man hatte ihnen gesagt, dass sie sich zum nächsten Haus durchschlagen und dann eine bestimmte Nummer wählen sollten. Es hatte sich nach einem einfachen Test angehört, doch schon nach einer viertel Stunde war ihnen bewusst geworden, dass dies hier ein Testgelände war. Mit höchster Wahrscheinlichkeit eines vom Genetischen Sicherheitsdienst. Einer Organisation, die metaphysisch begabte Wesen schulte, um sie in die menschliche Gesellschaft zu integrieren. So zumindest die offizielle Verlautbarung. Inoffiziell war der GSD dafür Verantwortlich, dass die Metas nicht außer Kontrolle gerieten. Also suchte er nach Metas, um aus ihnen Agenten zu machen, die ihresgleichen jagten. Allerdings hatte auch das Militär und die öffentliche Sicherheit Interesse an Metas. Erstere, um sie gegen feindliche Mächte einzusetzen; letztere, um Verbrecher dingfest zu machen.
„Rücken an Rücken.“
Manfred hatte die feindlichen Agenten als erstes gewittert. Als ein Wilder besaß Manfred die Fähigkeiten eines Tieres. Eines so genannten Totems. Seines war der Wolf. Die Fähigkeiten eines Metas waren in mehrere Stufen unterteilt. Die erste hatte Manfred bereits gemeistert: Das Nutzen seiner tierischen Instinkte als Mensch. Auch die zweite Stufe, das Verwandeln einzelner Körperteile, hatte er schon gut drauf. Auch die nächsten Stufen, das Verwandeln in einen Wolf und Werwolf, wollte Manfred meistern.

„Ich wittere drei Gegner. Counterparts.“
„Häh?“ Christin machte ein fragendes Gesicht.
„Einer riecht nach Ozon, einer nach Asche und der Dritte nach einem Fuchs.“
Tomash fasste Manfreds Worte für Christin neu zusammen. „Wahrscheinlich ein Feuerelementar, ein Elektroelementar und ein Wilder.“
Jetzt ging auch Christin ein Licht auf. „Ihr meint, dass man Gegner ausgewählt hat, die unseren Fähigkeiten entsprechen?“
„Vielleicht.“ Manfred schien davon aber nicht überzeugt zu sein. „Eventuell sind sie auch besser als wir. Das hier scheint mir eine Herausforderung zu sein.“
„Man will uns testen.“ Tomash sah sich auf der Lichtung um und wartete, bis sich einer der Gegner zeigte.
„Dann sollten wir zusehen, dass wir bestehen.“
Christin kniff die Augen zusammen und versuchte etwas in der Dunkelheit zu erkennen. Ihre Augen leuchteten hellblau auf, als sie ihre Kräfte anwandte.
„Ich kann zwei Gegner ausmachen. Die bioelektrische Aura des Dritten entzieht sich mir. Anscheinend tarnt er sie.“ Das Mädchen mit den blonden Haaren deutete zu Tomash. „Ich schätze, er kommt von dort.“
Auch Tomashs Augen leuchteten rot auf. „Das Selbe bei mir. Ich kann zwei Hitzesignaturen von Personen wahrnehmen. Aber das Loch ist diesmal bei Manfred.“
„Dann bin ich wohl der Einzige, der alle drei wahrnehmen kann.“ Manfred benutzte seinen Geruchssinn, um den Fuchs aufzuspüren. „Der Fuchs nähert sich Christin. Aber ich frage mich, wieso er seinen Geruch nicht mit etwas anderem überdeckt oder sich entgegen der Windrichtung nähert.“
„Eine Falle?“ Tomash war nervös.
„Möglich.“ Christin konzentrierte sich und sammelte elektrische Energie an ihren Fingerspitzen. „Aber wir sind bereits umzingelt. Worin sollte also die Falle bestehen?“
„Vielleicht sind es andere Schüler.“ Manfred begann zu flüstern.
Tomash tat es ihm gleich. „Egal wer sie sind, unsere Aufgabe besteht darin zu einem Haus zu gelangen und eine Nummer zu wählen.“
Alle nickten. Sekunden der Stille vergingen, in denen jeder darauf wartete, dass etwas passierte. Doch der Gegner ließ sich Zeit.
„Ich hab eine Idee.“ Manfred erläuterte sie kurz. „Zwei unserer Gegner können ihre Signatur tarnen.“
„Aber nur für seinen Gegenspieler.“ Der Einwurf kam von Christin.
„Richtig. Könnt ihr beide das mit uns machen? Christin, du unsere EM-Felder tarnen und Tomash, du unsere Hitze-Signaturen? Dann wären wir für zwei komplett unsichtbar und könnten als erstes den Wilden ausschalten.“
„Die Idee ist genial.“ Tomash war hellauf begeistert, aber seine Euphorie verschwand so schnell wieder, wie sie gekommen war. „Ich kann allerdings nur meine Hitzeabgabe regulieren.“
Christin schloss sich Tomash an. Sie hatte nie trainiert anderer Lebewesen Auren zu tarnen, nur ihre eigene.
„Allerdings könnte ich, wenn ich euch berühre, eure Auren synchronisieren.“
Tomash dachte nach. „Eine Gleichschaltung? Das könnte ich mit unserer Körperwärme vielleicht auch hinbekommen. Aber dazu müsste ich ebenfalls Körperkontakt herstellen.“
„Damit dürften wir als eine Person erscheinen.“ Manfreds Plan veränderte sich kaum. „Am Besten wäre es, wenn ihr meine Signaturen übernehmt.“
Tomash und Christin nickten. Manfred bedeutete beiden, dass sie beginnen sollten.

Der Fuchs blieb plötzlich stehen. Etwas hatte sich verändert. Er horchte. Seine Kollegen waren stehen geblieben. Da es galt Funkstille zu wahren, auf diese Distanz konnte der Wolf schon mithören, schnupperte er. Die Witterung der drei Schüler war noch immer vorhanden, aber etwas war anders. Seine Augen wurden gelb geschlitzt, als er seine Fuchssicht benutzte. Er konnte nur noch mehr den Umriss von einem Zielobjekt ausmachen. Und eben jenes bewegte sich nun auf ihn zu. Aber was war mit den anderen beiden geschehen? Der Fuchs mutmaßte, dass auch seine beiden Kollegen das selbe Phänomen vor sich hatten. Der Fuchs fand es interessant, dass die Schüler bereits solch einen Trick auf Lager hatten. Vielleicht würde dieser Test doch noch interessant werden. Auch wenn er nicht glaubte, dass sie ihn bestehen würden. Zumindest nicht beim ersten Mal. Denn er wurde noch nie beim ersten Versuch geschlagen.
Ein Knacken brachte den Fuchs wieder in die Realität. Er war auf der Hut und ließ seine Fingernägel zu Krallen werden. Der Geruch der drei Schüler näherte sich ihm, doch noch immer konnte er nur einen von ihnen ausmachen. Er verstand und grinste. Sie hatten ihren Trick durchschaut und wandten ihn nun gegen sie an. Ein nicht dummer Zug. Aber nicht gut genug, um den Fuchs zu besiegen. Doch eines störte ihn. Der Geruch der drei kam aus der Richtung der Person, die sich ihm näherte. Das war eindeutig der Wolf. Sein Geruch war stärker als der der anderen. Doch wo waren der Feuerelementar und die Blitznutzerin?
Behutsam schlich sich der Fuchs vorwärts. Ging nicht gerade, sondern schlug Haken und versuchte das verwirrende Detail ausfindig zu machen. Dann schien ihm die Lösung zu zufliegen. Sie gehen dicht hintereinander!
Der Fuchs wollte seine Kollegen per Funk benachrichtigen, aber es drang nichts als Statik heraus. Als seine Haare anfingen sich aufzustellen, wusste er, dass die Blitznutzerin ein elektrostatisches Feld erzeugt hatte, das kein Funk durchdringen konnte.
Plötzlich wurde der Fuchs von den Füßen gerissen, als etwas gegen seine Brust traf. Er spürte eine Wunde und roch sein eigenes Blut. Knurrend kam er auf alle Viere und sah den Wolf vor sich. Aber er spürte auch noch die Elektrostatik und eine immer größer werdende Hitze. Die Chancen standen schlecht für ihn, doch es war nicht unmöglich zu gewinnen. Er musste nur so lange durchhalten, bis seine Kameraden zu ihm stießen.
Ohne zu überlegen verwandelte sich der Mann in ein Werfuchs. Dabei zerriss seine Kleidung. Mit der Geschicklichkeit seines Totems wich er den Angriffen seiner Gegner aus. Er nutzte Bäume und kleine Felsen als Deckung, sprang zwischen ihnen hin und her oder kletterte an ihnen hoch. Blitze zucken an ihm vorbei, genauso wie Feuerbälle. Er hörte, wie sich der Wolf an ihn heran schlich, aber auch wie seine Kollegen auf den Kampfort zu preschten.
Nur noch ein paar Sekunden und wir haben die Oberhand!

Als Christin sah, wie sich der Mann mit den roten Haaren in einen Werfuchs verwandelte, hatte sie alle Mühe, ihre Blase daran zu hindern sich zu entleeren. Zwar hatte sie schon in Filmen gesehen, wie sich Wilde in ihre Totems oder Wergestalten verwandelten, aber das in der Realität zu erleben, noch dazu aus wenigen Metern Entfernung, war etwas vollkommen anderes.
Mit einem Seitenblick auf Tomash, kam wieder etwas Ruhe in Christin. Er schien die Verwandlung des GSD-Agenten - um jemand anderes konnte es sich für Christin nicht handeln, da der Mann einfach zu alt war, um als Schüler durch zu gehen und er zudem noch seine Fähigkeiten so gut beherrschte - seelenruhig hinzunehmen und auf den richtigen Augenblick zum Handeln zu warten.
Wann auch immer Christin Tomash ansah oder an ihn dachte, bekam sie am ganzen Körper ein Kribbeln, das sie auch jetzt spürte. Doch als es immer intensiver, ja schmerzhaft wurde, war ihr klar, dass sie in ihrer Aufmerksamkeit nachgelassen hatte. Schnell baute sie einen elektromagnetischen Schild auf und nahm die Situation in sich auf.
Der gegnerische Blitzelementar war auf dem Weg zu ihr und hatte bereits begonnen die Teilchen in der Luft zu ionisieren. Christin glaubte, dass er damit erreichen wollte, dass seine energetischen Entladungen mehr Schaden anrichten würden und zugleich auf mehrere Gegner überspringen könnten. Allerdings würde er damit auch seinen Kampfgefährten gefährden, sofern der Blitzelementar nicht seine Entladungen kontrollieren konnte. Christin machte es Kopfschmerzen all die Möglichkeiten zu bedenken. Sie wusste, dass sie nicht dafür geeignet war als Gruppenleiter zu agieren. Tomash war dafür besser geeignet. Er konnte von Natur aus Dinge mit einer Geschwindigkeit erfassen, die für Christin geradezu metaphysisch war.
Anstatt all die Möglichkeiten zu bedenken, die ihr Gegner machen könnte und was diese anrichten oder für Folgen haben könnten, ging sie zum direkten Gegenangriff über.
Die Energien in Christins Fingerspitzen ließ sie auf ihren Gegner zuzucken, der sie mit einer Handbewegung wegwischte. Als Antwort erhielt das Mädchen mit den blonden Haaren und blauen Augen einen gewaltigen Blitz, der direkt in ihren EM-Schild einschlug und sie von den Füßen riss. Der Schild platzte in einem Funkenregen und Christin fand sich auf dem Boden wieder. Kurz bevor sie durch einen großen Elektroschock das Bewusstsein verlor, sah sie, wie der Feuerelementar in das Geschehen eingriff.

Tomash wusste, dass Wilde grundsätzlich eine Abneigung gegen Elementare hatten. Dies war darin begründet, dass Tiere sich vor den Naturgewalten fürchteten. Darin versuchte er nun einen Vorteil zu ziehen. Während sich Christin um ihren Gegenspieler kümmerte, konnten Manfred und er sich um den Werfuchs kümmern.
Während Manfred seine Fingernägel zu Krallen werden ließ und seine Zähne zu einem Raubtiergebiss, deckte Tomash den Werfuchs mit Feuerbällen ein. Dass dabei der Wald langsam anfing zu brennen, bemerkte er. Tomash versuchte deshalb eine Schneise zwischen dem Wald und der Lichtung zu ziehen, um dem Fuchs keine Möglichkeit mehr zu geben hinter Felsen Deckung zu suchen oder an Bäumen hoch zu klettern.
Doch der Fuchs schien das zu bemerken, denn er brachte immer öfters Manfred oder Christin in die Schusslinie. Tomash hingegen bemerkte, dass der gegnerische Feuerelementar versuchte den Brand einzudämmen. Da das gegnerische Team also darauf bedacht war Kollateralschäden so gering wie möglich zu halten, setzte Tomash genau zum Gegenteil an. Mit einem Reigen aus Feuer verursachte er viele neue Brände, aber darauf bedacht keinen seiner eigenen Teamkameraden zu treffen.
Als er kurz zu Christin blickte, bemerkte Tomash, dass sie bewusstlos war. Vielleicht tat sie aber auch nur so, da Tomash meinte immer wieder Zuckungen wahrzunehmen. Nichts desto trotz machte er sich große Sorgen um Christin und wäre am liebsten zu ihr geeilt. Seine Aufmerksamkeit ging jedoch rasch wieder zu Manfred über, als Tomash lautes Geheul und das Knacken von Ästen hörte.
Beide, der Fuchs und Manfred, waren in ein Glutnest gefallen und rollten sich darin herum. Tomash kam dabei ein zündende Idee - im wahrsten Sinne des Wortes. Da das Fell des Fuches bereits kokelte und sich hier und da noch Glutreste darin befanden, konzentrierte sich Tomash darauf diese wieder anzuheizen. Von einer Sekunde zur anderen loderten die Flammen wieder auf und der Fuchs brannte. Ein Jaulen ging durch den Wald und ließ alle zusammen zucken, als der Fuchs vor Schmerz heulte. Manfred nutzte seine Chance und trieb seine Krallen tief in den Körper des Gegners. Blut floss und als ein elektrischer Schlag den Fuchs traf, brach er zusammen.
Tomash sah zu Christin, die am Boden lag und angestrengt lächelte. Doch an ihren Augen erkannte er, dass er auf der Hut sein musste. Just in diesem Moment traf ihn und Manfred ein Blitz, der sie beide von den Füßen riss und die Sinne schwinden ließ.
Während der Feuerelementar den in Flammen stehenden Fuchs löschte und auch die anderen Brandherde zum vergehen brachte, bereitete der Elektroelementar seinen nächsten Angriff vor. Tomash hörte das Knistern von elektrostatisch geladener Luft und spürte, wie ihm all seine Haare zu Berge standen. Mit einem Blick nach rechts sah er, dass sich Manfred nur schwer von diesem Angriff erholte. Tomash selbst hingegen bekam seine Sinne mit purer Willenskraft schnell wieder unter Kontrolle.

Als Christin sah, wie der gegnerische Elektroelementar zu einem neuen Angriff ansetzte, nutzte sie dessen freigesetzte Elektrostatik, um sich selbst wieder aufzuladen. Als sie genügend Energie gesammelt hatte, riss sie sich zusammen, lehnte an einen Baum und entließ die geballte Energie in den Rücken des Feuerelementars. Dieser brach mit einem Schrei zusammen.
Der Elektroelementar wirbelte herum und entließ dabei eine Sphäre aus purer Elektrostatik. Diese hatte auf Manfred die größte Wirkung. Er heulte auf und brach besinnungslos zusammen. Christin selbst konnte die auftreffende Energie absorbieren und in ihre eigene umwandeln. Tomash hatte noch mit dem zweiten Angriff zu kämpfen, rappelte sich jedoch schnell auf.
Obwohl sie wusste, dass es ein Fehler war, humpelte sie auf Tomash zu. Wäre sie dort geblieben wo sie war, hätte der andere Elektroelementar sich auf zwei Seiten konzentrieren müssen, von denen Angriffe kamen. Doch so musste er nur einen Angriff von Vorne befürchten.
„Tomash.“
Christins geflüstertes Wort belebten den jungen Mann schneller wieder, als es jedes Erste Hilfe Kit nicht machen konnte. Zwar bemerkte sie seinen missbilligendem Blick, konnte jedoch nichts dagegen machen, dass sie sich um ihn sorgte.
„Gemeinsam.“
Das war sein einziges Wort und Christin wusste sofort, was er von ihr wollte. Sie setzte sich hinter ihm und ließ ihn an sich lehnen. Obwohl es in dieser Situation völlig unangebracht war, reagierte ihr Körper auf den seinen. Sie ignorierte es so gut so konnte und leitete ihre letzten Energiereserven in ihre Hände, die sie mit denen von Tomash verschränkt hatte. Auch er tat dasselbe. Ihrer beider Energien interagierten miteinander und kreierten beim Abfeuern ein neues Element: Plasma.
Überrascht von dem Kombinationsangriff wurde der Agent des GSD mehrere Meter weit durch die Luft geschleudert und blieb dann regungslos liegen.
SIEG! Beide dachten das gleiche. Dann machten sie sich auf, ihren Kameraden zu verarzten und die drei Agenten zu fesseln. Zwar würden sie sich durch ihre Kräfte rasch befreien können, aber jede Sekunde zählte.

Obwohl Manfred schwerer verletzt war als Tomash und Christin, zog er es vor alleine vorzugehen und den Weg auszukundschaften. In der Ferne glomm ein schwaches Licht und der Duft von verbrennendem Holz und Ruß war schwach wahrzunehmen. Wahrscheinlich handelte es sich um ein Haus.
Tomash und Christin stützen sich gegenseitig, als sie dem schmalen Pfad folgten, den Manfred ihnen hinterlassen hatte. Beide sagten nichts, sahen sich nur gegenseitig an und versuchten herauszufinden, was der jeweils anderen dachte. Doch beide waren völlig unerfahren, was das Thema Romantik und Beziehungen anging. Der GSD ließ einem keine Zeit, für solche Gedanken. Zudem wurden die Partnerschaften vom Genetischen Sicherheitsdienst arrangiert. Dabei ging es aber nicht um Liebe, sondern um die Erhaltung der Metalinie oder der Schaffung von noch mächtigeren Metas.
Das sich Christin und Tomash schon von klein auf kannten und sie wegen ihm auch vom GSD geschnappt wurde - sie war das kleine Mädchen, weswegen er den Hügel hinab gerollt war und deswegen hatte sie damals versucht die Männer in schwarz aufzuhalten -, mochte wohl dazu beitragen, dass sich das Band zwischen ihnen immer feiner geworden war.
Manfred kam zurück und er war sichtlich außer Atem. Verkrustetes Blut bedeckte seinen Kopf und andere Körperstellen. Manche Wunden bluteten immer noch, doch Manfred winke ab.
„Wir Wilden haben eine erhöhte Regenerationsrate. Unsere Wunden heilen schneller, als die von anderen Metas oder gar Menschen.“
Nichts desto trotz war allen dreien klar, dass Manfred eine ärztliche Behandlung benötigte. Auch wenn er vielleicht nicht sterben würde, so konnten die Verletzungen doch etwas übrig lassen. Etwa, dass er nicht mehr richtig gehen konnte oder sein Arm steif wurde.

Man hatte sie ohne große Ausrüstung in diesen Test geschickt und alles was sie dabei gehabt hatten, ein paar Mullbinden und diverse Salben, hatte in ihre Taschen gepasst und waren nun verbraucht.
Jetzt, da sich der Tag verabschiedet hatte und die Nacht hereingebrochen war, wurde der Weg vor ihnen nur durch die Sterne des klaren Himmels erhellt. Obwohl es nicht besonders gut um sie stand, würdigten sie die Schönheit der Natur. Der Moment wurde von einem erstickten Schrei unterbrochen, als eine alte Dame ihnen über den Weg lief und sie sah.
„Ach du meine Güte!“ Sie hob ihre Hände und bedeckte dabei fast ihr Gesicht. „Was ist nur mit euch Kindern geschehen?“
Das Haus, das sie aus der Ferne gesehen hatten, war nun schon fast zum Greifen nah. Tomash nutzte Die Gelegenheit und sprach die Frau an.
„Dürften wir bitte telefonieren? Wir hatten … keinen guten Tag.“
Die Dame hatte Reisig auf ihren Rücken gebunden und bejahte Tomashs Frage. Das er nicht genau sagte, was passiert war, schien sie schon wieder vergessen zu haben. Zu stark war wohl der Drang helfen zu wollen.
Als sie das Haus erreichten, setzte Tomash den Anruf ab, während die alte Frau warmes Wasser für ein Bad einlaufen ließ, das alle drei genießen sollten. Da es zwei Badezimmer gab, trennten sich die Geschlechter. Kurz bedauerte es Tomash, dass er nicht mit Christin ein Bad nehmen konnte, doch er vertrieb den Gedanken sofort wieder. Nicht aber, ohne sich selbst zu fragen, was Christin von dieser Idee halten würde.
Mehr als eine Stunde war vergangen, in der sich die drei Metas von Blut, Dreck und Staub befreiten. Sie genossen die wohlige Wärme des Wassers und wären auch fast eingeschlafen, wenn nicht immer die Hausbesitzerin gekommen wäre und gefragt hätte, ob sie denn noch etwas brauchten.
Als Tomash und Manfred fertig waren und ihre alte - und ziemlich lädierte - Kleidung anlegten, war Christin bereits mit der alten Dame in der Küche und bereitete mit ihr etwas zu Essen vor. Erst jetzt bemerkten die beiden Jungen, dass sie Hunger hatten. Ihre Mägen knurrten und auch der von Christin gab entsprechende Geräusche von sich.
Alle vier halfen zusammen und es entwickelte sich ein Gespräch, in dem Tomash die meisten Antworten gab. Sofern es möglich war, blieb er nahe bei der Wahrheit, doch dass sie Metas waren, verheimlichte er. Nicht, dass er befürchtete, dass die alte Dame einen Herzinfarkt bekommen würde, doch er wollte den Eindruck von verirrten Kindern, die einem Waldbrand entkommen waren, aufrecht erhalten.
„In letzter Zeit war es immer so heiß und da es nicht geregnet hat, war es wohl nur eine Frage der Zeit, bis so was passieren würde.“
Die alte Dame hatte sich als Emma vorgestellt und ihr gehörte tatsächlich das Haus. Doch ihre Familie war schon lange tot oder weggezogen. So, dass sie nun alleine und einsam hier wohnte.
„Ich bin mir ziemlich sicher, dass daran die Jungen aus dem Dorf schuld sind.“ Emma deutete aus dem Küchenfenster auf eine Siedlung, die vielleicht einen Kilometer entfernt war. „Sie schleichen sich immer in den Wald, um heimlich zu rauchen und trinken. Bestimmt haben sie ihre Zigaretten nicht richtig ausgedrückt.“
„Oder die Flaschen zerbrochen.“ Der Einwurf kam von Christin und sie kassierte von Tomash dafür ein wohlwollendes Lächeln, das sie leicht erröten ließ. „Die wirken ja wie Verstärker für die Sonnenstrahlen.“
Es entwickelte sich ein Gespräch über Lupen, Brillen und andere Sehhilfen. Vor allem die alten Dame erzählte viel. Es dauerte nicht lange, da war Manfred der erste, der eingeschlafen war. Auch Tomash und Christin gähnten herzhaft. Emma hatte in einem offenen Kamin, der fast die ganze Wand des Wohnzimmers einnahm, eingeheizt. Manfred machte sich nicht erst groß die Mühe das Gästebett zu benutzen und legte sich stattdessen auf den Boden. Fast sofort begann er zu Schnarchen. Tomash zog am Fußende des Sofas und verwandelte es somit in besagtes Gästebett. Als Emma ihnen Decken brachte, schlief Christin bereits. Tomash deckte zuerst Manfred zu und dann Christin. Er wollte schon in einem alten Sessel sich zur Ruhe begeben, als Christins Beine sich um die seinen schlangen. Er blickte zu ihr hinab und lächelte. Sie zu beobachten gefiel ihm. Vor allem ihr Blubbern fand er süß.
Als sich Tomash neben Christin setzte, schlang sie sofort ihre Arme um seine Taille. Ein Kribbeln begann sich in Tomashs Bauch breit zu machen, doch er war so müde, dass er keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte. Er legte sich neben Christin, deckte sich selbst zu und kuschelte sich dann an sie ran.
Sein Schlaf war ruhig, wie schon lange nicht mehr und er träumte angenehm, was selten der Fall war. Meistens suchten ihn Alpträume heim, wie er von seinen Eltern getrennt wurde. Mal holten sie ihn mit dem Auto ab; mal wurden seine Eltern ermordet; ein andermal kam er selbst dabei um, als er versuchte Mutter und Vater zu retten.

Tomash wachte mit einem Lächeln auf und als er Christins Gesicht ganz nahe sah, ihren Duft einatmete, da wurde es immer größer.
„Ah, unser Liebespärchen ist wach.“
Tomash schoss hoch und sah Manfred mit zusammen gekniffenen Augen an.
„Oh, Verzeihung. Habe ich jetzt etwa die Stimmung verdorben?“
Tomash spürte den Drang Manfred zu rösten, überlegte es sich jedoch anders, als Emma das Wohnzimmer betrat. Sie hatte ein Tablett mit Brötchen, Salat, Butter, Tomaten und verschiedenen Wurstsorten dabei.
„Ihr habt fast bis zum Mittag geschlafen.“
Sie stellte das Tablett auf einem Tisch ab und rückte die Stühle zurecht.
„Aber ich dachte mir, dass eure Mägen erst mal was leichtes brauchen.“
Dankend nahm das Trio platz und sie begannen sofort zu essen. Christin fiel dabei auf, dass Manfreds Wunden schon gut verheilt waren. Auch ihre eigenen und die von Tomash sahen nicht mehr so schlimm aus, wie am gestrigen Abend.
Als Christin erwacht war und aufstehen wollte, hatte sie einen Druck auf ihrem Schoß gespürt. Zuerst meinte sie, dass sie auf die Toilette müsste. Doch als sie versuchte aufzustehen, lag Tomash mit seinem Kopf zwischen ihren Beinen. Sofort war sie knallrot angelaufen und hatte versucht sich sanft zu befreien.
Manfred war derweil schon längst wach gewesen und hatte das Haus und die Umgebung erkundet. Wahrscheinlich fragte er sich, wann man sie endlich abholen würde. Oder wo das gegnerische Team war. Ob es denn hier auftauchen würde. Doch in der Umgebung hatte sich nichts getan und Manfred hatte auch keine ungewöhnliche Witterung aufgenommen. Selbst sein sechster Sinn meldete nichts gefährliches.

Als es an der Türe klingelte, öffnete die alte Dame und das Trio erschrak, als sie das gegnerische Team sahen. Doch die drei Männer nickten nur. Sie waren sauber eingekleidet und sie schienen keine Wunden zu haben. Tomash, Christin und Manfred wussten, was das zu bedeuten hatte: Der GSD hatte das gegnerische Team als erstes aufgelesen und sie von einem Meta behandeln lassen, der die Fähigkeit zur Heilung besaß.
Nun waren sie hier, um sie abzuholen. „Herzlichen Glückwunsch. Ihr seid die ersten, die es geschafft haben diese Prüfung sofort zu bestehen.“
Respektvoll machte die alte Dame den drei Männern Platz, die die schwarze Uniform des GSD trugen und an deren linken Brust eine graue Doppelhelix prangte, die dem lateinischen Buchstaben Psi nachempfunden war. Das Logo des Genetischen Sicherheitsdienstes.
Als die Schüler das Haus verließen und auf den Wagen zugingen, der vor dem Haus wartete, bedanken sie sich für die Gastfreundschaft und entschuldigten sich, das sie verschwiegen hatten, dass sie Metas waren.
„Ach was …“ Emma schien deswegen nicht böse zu sein. „… Es ist nicht wichtig was ihr seid, sondern wie ihr damit umgeht.“

Emma winkte dem Auto nach. Selbst dann noch, als sie schon hinter den Wäldern und Hügeln verschwunden waren, stand sie draußen.
Es knackte in ihren Ohren und sie spürte einen leicht drückenden Lufthauch, als sie ein dumpfen Pochen hörte. Als sie sich umdrehte, stand ein Mann mittleren Alters vor ihr. Gekleidet war er wie ein Angestellter. Braune Hose, schwarze Schuhe, ein weißes Hemd unter einem braunem Sakko. Dann sah sie die weiße Rose an seiner rechten Brust.
Ohne Umschweife begann der Mann zu reden. „Und?“
Emma musterte ihn. „Du siehst gut aus.“
„Danke.“ Der Mann drehte sich einmal um die eigene Achse und lächelte. „Die neueste Mode aus der amerikanischen Nordzone.“
„Du kommst so einen weiten Weg, um mich nach den Dreien zu fragen?“
Damit deutete Emma mit dem Daumen hinter sich. Doch der Mann zuckte mit den Schultern.
„Was auch immer mir aufgetragen wird.“
Die alte Dame lächelte und stieg die Treppe zur Haustüre hoch. Der Mann blieb an Ort und Stelle.
„Du kommst nicht mit auf eine Tasse Tee oder Kaffee rein?“
„Leider habe ich nicht so viel Zeit. Von daher wäre ich dir dankbar, wenn du mir nun eine Antwort geben könntest.“
„Der junge Tomash ist vielversprechend. Auch seine Freundin hat Potential.“
„Und der zweite Junge?“
„Ist schon zu tief drinnen.“
Wieder hörte Emma ein Pochen und in ihren Ohren knackte es. Diesmal jedoch war der Lufthauch ziehend. Als sie sich umdrehte, war der Mann verschwunden.
„Teleporter. Ts!“

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Re: Leseprobe(n)

Beitrag von Tom »

Rainer Prem hat geschrieben:die ich nicht kenne, was du grundsätzlich bei Lesern auch nicht voraussetzen darfst. Es sei denn das hier ist Fanfiction. Ist es das? Wenn nicht, solltest du dir schon deine eigene Welt konsistent zusammenbauen.
An sich ist es auch nicht wichtig. Nur ein kleiner Gag, für die, die es erkennen.
Nein, es ist keine FanFiction.
Ich habe mal die zweite Version der Nullnummer geposted. Ich denke, die ist besser als der Infodump.

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Rainer Prem
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Re: Leseprobe(n)

Beitrag von Rainer Prem »

Hallo,
Tom hat geschrieben:
Ich habe mal die zweite Version der Nullnummer geposted. Ich denke, die ist besser als der Infodump.
Um Klassen besser. Allerdings ...

Die Anzahl der Perspektivwechsel ist schon sehr hoch. Ich habe oft in meinen Geschichten denselben Drang, ständig zwischen den Hauptpersonen hin- und herzuhüpfen, aber jeder dieser Wechsel bedeutet für den Leser einen Einschnitt im Fluss der Geschichte, ein Innehalten und Nachdenken, obwohl er eigentlich mittendrin bleiben sollte.

Die alte Frau ist für mich sehr unglaubwürdig. Dass ihr Haus das Ziel einer solchen Übung ist, sie aber nicht das geringste davon weiß, ist für mich schwer zu glauben. Auch dass die drei Kinder plötzlich absolut kein Misstrauen mehr haben. Ich hätte erwartet, sie alle mit durchschnittenen Kehlen aufwachen zu sehen.

Überhaupt ist, so wie ich die Geschichte sonst verstanden habe, dieser Teil zu "verspielt". Mindestens einer der drei müsste hier sterben, und Tomash sollte hier eigentlich töten müssen, damit die spätere Szene mit Xaver glaubhaft wird. Möglicherweise sollte einer seiner beiden "Mitstreiter" den Auftrag haben, Tomash umzubringen, damit er lernt, niemandem zu vertrauen. Ein Happy-End war das letzte, was ich hier erwartet hätte.

Grüße
Rainer
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Re: Leseprobe(n)

Beitrag von Tom »

Man merkt halt den Zeitunterschied, wann ein Kapitel geschrieben wurde.
Vor allem, wenn größere Zeitspannen dazwischen liegen.

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Rainer Prem
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Re: Leseprobe(n)

Beitrag von Rainer Prem »

Tom hat geschrieben:Man merkt halt den Zeitunterschied, wann ein Kapitel geschrieben wurde.
Vor allem, wenn größere Zeitspannen dazwischen liegen.
Wem sagst du das ... Ich versuche immer, Geschichten in einem Rutsch fertigzuschreiben, auch wenn darin noch raue Stellen sind. Wenn ich das nicht mache ... Dem, was ich letztes Jahr im November fast zuende geschrieben habe, fehlt immer noch das letzte Kapitel.

Grüße
Rainer
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